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(22.8.2004) Es ist nicht immer nur eine Geldfrage. Manche Menschen haben schlichtweg keine Lust auf Reisen in ferne Länder. Ihnen reichen im Sommer und Herbst die paar Quadratmeter ihres Balkons aus, um sich zu erholen. In der Tat kann man solch einen Balkon äußerst vielseitig nutzen: in der Freizeit etwa zum Sonnenbaden, zum Blumenzüchten und zum Feiern mit Freunden; oder im Alltag, um seine Wäsche zu trocknen und seiner Katze Auslauf zu bieten. Doch nicht alles ist erlaubt – zumindest dann nicht, wenn man Mieter ist oder eine Eigentumswohnung innerhalb einer Wohnanlage nutzt. Häufig müssen sich die Gerichte mit der Frage befassen, wo die Grenzen des Zulässigen liegen. Die Sonderausgabe des Infodienstes Recht und Steuern der LBS stellt in ihrem "Gesetzbuch von Balkonien" einige Urteile zum Thema vor.
Wer auf seinem Balkon in Shorts frühstücken oder im Bikini sonnenbaden möchte, dem ist vor allem an einem gelegen: Er will von Nachbarn und Passanten dabei nicht beobachtet werden. Deswegen haben sich Mieter und Eigentümer zahlreiche Balkon-Verkleidungen einfallen lassen, die allerdings bei der rechtlichen Überprüfung nicht alle die Gnade der zuständigen Gerichte fanden. Total-Verhüllungen, etwa durch Vorhänge, werden in der Regel als zu starke optische Beeinträchtigung einer Hausfassade betrachtet. Kleinere Sichtschutzmaßnahmen sind dagegen erlaubt – zum Beispiel eine Bastmatte, die den Blick durch die Plexiglasscheiben der Balkonbrüstung verwehrt. Ein derartiger Eingriff dient zum Schutz der Intimsphäre und muss vom Vermieter geduldet werden. Allerdings sollte die Bastmatte die Höhe der Balkonbrüstung nicht überschreiten und farblich einigermaßen zur Fassade passen. (Amtsgericht Köln, Aktenzeichen 212 C 124/98)
Manchmal scheitert ein Mußestündchen auf dem Balkon auch schlichtweg daran, dass er baufällig ist und das Betreten mit erheblichem Risiko verbunden wäre. So war es bei einer Familie im Raum Hamburg. Sie drängte den Eigentümer, den Freisitz endlich reparieren zu lassen. Doch der weigerte sich mit der Begründung, der erforderliche Aufwand (im Grunde ein Neubau des Balkons) überschreite die Grenzen des Zumutbaren. Das stehe in keinem Verhältnis zur gelegentlichen Nutzung durch die Mieter und zur Höhe ihrer monatlichen Zahlungen. Das Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 311 S 119/96) war anderer Meinung und bejahte das Recht der Familie auf den Balkon, der schließlich laut Mietvertrag zur Wohnung gehöre.
Immer wieder Anlass zum Streit bietet die Anbringung von Parabolantennen auf dem Balkon, mit denen weit mehr – und vor allem fremdsprachige – Fernsehprogramme empfangen werden können. In der Regel beißen sich deutsche Mieter die Zähne aus, wenn sie ihre Privatantenne vor dem Kadi durchboxen wollen. Die Richter sind nämlich der Meinung, dass die Vielfalt der über Kabel gelieferten Sender für den Normalbürger durchaus genügen müsse. Eine Berlinerin hatte allerdings Erfolg. Die Frau mit Universitätsabschluss in den Fächern Ethnologie und Arabistik behauptete, sie sei aus beruflichen Gründen auf den Empfang von arabischen Fernsehkanälen angewiesen. Diese Argumentation überzeugte letztlich und wurde vom Amtsgericht Schöneberg (Aktenzeichen 10 C 252/02) für wichtiger eingeschätzt als die optische Beeinträchtigung der Altbau-Fassade.
Dürfte die Liebe zu ungewöhnlichen Fremdsprachen eher eine Seltenheit sein, so zählt das Aufhängen von Wäsche auf dem Balkon zu den elementaren Bedürfnissen von Mietern. Aber auch das wollte ein Eigentümer verhindern. Per Hausordnung untersagte er den Bewohnern ausdrücklich, ihre nassen Textilien zum Trocknen aufzuhängen. Das Amtsgericht Euskirchen (Aktenzeichen 13 C 663/94) machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Bei so genannter "kleiner Wäsche" wie Kinderkleidung und Sportsachen sei das in jedem Falle erlaubt. Allerdings sollte das Trockengestell tunlichst nicht die Höhe der Balkonbrüstung überschreiten.
Den mit Abstand größten Ärger vor Gericht verursacht der Deutschen Lieblingsbeschäftigung – das Grillen. Zu diesem Thema existieren Hunderte von Urteilen, zum Teil mit äußerst widersprüchlicher Tendenz. Vom Amtsgericht Bonn (Aktenzeichen 6 C 545/96) stammt ein partyfreundliches Urteil: Von April bis September, heißt es darin, dürfe man einmal pro Monat auf dem Balkon grillen, wenn dadurch die Nachbarn nicht erheblich gestört werden. Rund 48 Stunden vorher sollte man allerdings die Mitbewohner informieren, wenn man beabsichtigt, den Grill anzuwerfen.
Keinesfalls erlaubt ist es, beim Grillen einen solchen Qualm zu verursachen, dass den Nachbarn die Augen tränen. In diesem Falle droht nicht nur ein zivilrechtliches Verfahren, sondern auch ein Bußgeldbescheid der Ordnungsbehörden. Das war im Rheinland der Fall (Oberlandesgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 5 Ss 149/95), wo Mieter beim Grillen so sorglos vorgingen, dass der Rauch in die anderen Wohnungen – unter anderem in die Schlafzimmer – zog und dort für erheblichen Gestank sorgte.
Wo es dem Menschen gefällt, da wollen sich gerne auch Haustiere aufhalten. Viele Katzenliebhaber bringen quer über ihrem Balkon ein Netz an, damit ihre Lieblinge im Freien sein können, aber trotzdem keine Chance zur Flucht erhalten. Solange sich niemand darüber aufregt, ist das kein Problem. Wenn aber Hauseigentümer oder Verwaltung dagegen vor Gericht ziehen, haben sie meistens Erfolg. Vor allem, falls durch das Katzennetz das Erscheinungsbild der Wohnanlage beeinträchtigt wird. Diese Erfahrung machte ein Tierfreund aus Wiesbaden, der seine wertvolle Rassekatze am Weglaufen hindern wollte. Er wurde gerichtlich (Amtsgericht Wiesbaden, Aktenzeichen 93 C 3460/99-25) dazu gezwungen, das Netz wieder abzumontieren.
Andere Tiere kommen ungefragt daher – zum Beispiel Tauben, die sich besonders gerne auf Balkonen einnisten. Taubendreck, Federn und in erster Linie ein unerträglicher Gestank machen Mietern immer wieder schwer zu schaffen. Wenn es zu schlimm wird, stehen die Gerichte den geplagten Mietern zur Seite. So sprach ein Richter des Amtsgerichts Hamburg (Aktenzeichen 40a C 2574/87) einer Hamburger Familie, deren Balkon wegen Taubennestern ständig verschmutzt war, eine Mietminderung in Höhe von fünf Prozent pro Monat zu. Selbstverständlich ist der Eigentümer auch verpflichtet, durch Sicherungsmaßnahmen die Taubenplage möglichst einzudämmen, damit die Wohnung vertragsgemäß genutzt werden kann.
Die normale Alltagsreinigung des Balkons ist dagegen Angelegenheit der Mieter – wie eben auch beim Rest der Wohnung. Gehört aber zum Sauberhalten des Balkons auch das regelmäßige Überprüfen der Abflusssiebe, die gerne mal von Blättern und Schmutz verstopft werden? Über diese Frage stritten sich zwei Vertragspartner in Berlin. Die zuständigen Richter des Landgerichts Berlin (Aktenzeichen 61 S 379/85) entschieden, dass diese harmlose Tätigkeit dem Mieter durchaus zuzumuten sei und nicht vom Eigentümer erledigt werden müsse.
Quelle: Baulinks
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