Korrekturvorbehalt im Beschluss über die Jahresabrechnung

Bei unvollständiger Vorlage keine Abstimmung

Verwalter öffnen mit einem Korrekturvorbehalt Anfechtungen Tür und Tor. Besser ist es, von vornherein auf Rechtssicherheit zu setzen.
07. Februar 2017
Ein Beschluss lautend: „Die Einzel- und Gesamtabrechnungen 2013 werden unter Voraussetzung der Korrektur der Rechnung der Firma B vom …. in Höhe von Euro …, in vorliegender Form genehmigt. Die Salden werden 4 Wochen nach der Versammlung fällig“ ist ordnungswidrig (vgl. AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 27.07.2016, 539 C 44/15).
Eine Beschlussformulierung „ggf. noch vorzunehmende Korrekturen sind in der Jahresabrechnung … (des Folgejahres) vorzunehmen“ ist zu unbestimmt. Dies führt nicht nur zur Nichtigkeit des Korrekturvorbehalts, sondern zur Gesamtnichtigkeit des Abrechnungsbeschlusses (vgl. LG München I, Urteil vom 22.09.2016, 36 S 22442/15).
Diese beiden Entscheidungen zeigen, dass ein Korrekturvorbehalt in der Regel zur Unbestimmtheit des Beschlusses führt. Als Folge ergibt sich: Wenn ein Abrechnungswerk des Verwalters – auch in den Augen der beschließenden Wohnungseigentümer, d.h. vor/bei der Beschlussfassung – noch nicht „entscheidungsreif“ ist, darf gar nicht hierüber Beschluss gefasst werden.
1. Hinsichtlich der Jahresabrechnung 2013 war im ersten Fall die Rüge, dass der Beschluss unter einer unzulässigen Bedingung gefasst wurde, erfolgreich.
Obendrein war der Beschluss schon in der Betreffzeile mit „die Einzel- und Gesamtabrechnungen 2013“ irreführend bezeichnet worden. Es gibt nicht mehrere Gesamtabrechnungen (Plural).
Außerdem konnte aus der Formulierung „unter Voraussetzung der Korrektur der Rechnung der Firma B vom 26.09.2013 in Höhe von Euro 96,90 auf Kosten Weiterbelastung“ nicht erkannt werden, was die Wohnungseigentümer hier wirklich gewollt haben. Soweit der Verwalter später erklärte, dass eine Umbuchung auf das Sachkonto zu Lasten des Sondereigentümers der Wohnung Nr. 2 erfolgen sollte ist dies im Beschlusswortlaut nicht einmal ansatzweise erkennbar geschweige denn nachvollziehbar.
2. Im zweiten Fall bejahte das LG München I sogar eine Nichtigkeit des Beschlusses. Irrelevant sei, ob ein quantitativ erheblicher Teil der Abrechnung fehlerhaft sei (vgl. OLG München vom 20.02.2008, 34 Wx 65/07). Der Zusatz „ggf“ spreche nicht gegen die Annahme einer Gesamtnichtigkeit des Beschlusses. Insoweit komme es nicht einmal auf den hypothetischen Willen der Beschlussfassenden an. Dieser sei nur bei unerkannt gebliebenen Mängeln der Abrechnung für die Frage, ob von bloßer Teil- oder doch von Gesamtnichtigkeit auszugehen sei, von Bedeutung.
Die Möglichkeit im Rahmen eines Zweitbeschlusses die notwendigen Korrekturen umzusetzen, rechtfertigt nicht einen unbestimmten verfrühten Erstbeschluss. Dies gilt erst recht, wenn der Korrekturvorbehalt selbst unbestimmt formuliert und beschlossen wurde.
3. Für den Verwalter ist ein derartiges Vorgehen auch nicht ohne finanzielles Risiko: Hat nämlich der Verwalter durch grob schuldhaftes Unterlassen (vgl. § 49 Abs.2 WEG) rechtzeitiger Hinweise zum Zustandekommen eines (auch noch von ihm zu Unrecht verkündeten) nichtigen Beschlusses beigetragen, so hat er die Tätigkeit des Gerichts mit veranlasst und kann zur Kostentragung – nach Gewährung rechtlichen Gehörs – verurteilt werden. Hätte die Mehrheit der Wohnungseigentümer etwaigem professionellen Rat des Verwalters folgend von einer Beschlussfassung abgesehen, hätte es der Klage ja nicht bedurft.
4. Wenn ein Positivbeschluss wegen Unbestimmtheit des Beschlussantrags erfolgreich mit der Anfechtungsklage zu Fall gebracht werden kann, entspricht allein ein Negativbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung. Aus Verwaltersicht sollte bei noch unvollständiger Jahresabrechnung eine Beschlussfassung vermieden werden.
5. Selbst wenn es gelingt, die Fehler der Abrechnung in der Versammlung zu beheben, müssen diese Korrekturen am ursprünglichen Abrechnungswerk – präzise formuliert – in den zu fassenden Beschluss aufgenommen werden. Ein Beschluss über die Jahresabrechnung ist nämlich auch dann für ungültig zu erklären, wenn verschiedene Versionen existieren und sich – insbesondere für auf der Versammlung nicht Anwesende – kaum feststellen lässt, welche Abrechnung tatsächlich beschlossen wurde.

 

Dr. Olaf Riecke
www.riecke-hamburg.de