Klage auf Beschlussumsetzung: Einzelner Wohnungseigentümer nicht klagebefugt!

 

von Ralf Schulze Steinen | 05.04.2017

Klage auf Beschlussumsetzung: Einzelner Wohnungseigentümer nicht klagebefugt!

 

Ein einzelner Wohnungseigentümer ist nicht befugt, bei Untätigkeit des Verwalters nach WEG eine Klage auf Beschlussumsetzung zu erheben.

 

Dies hat das Landgericht Frankfurt/Main, Beschluss vom 15.02.2017, Az.  2-13 S 128/16, entschieden.

 

Der Fall:

 

In dem zu entscheidenden Fall wurde in einer Wohnungseigentümerversammlung beschlossen, die Ursachen von Feuchtigkeitseintritten im Kellergeschoss der Wohnungseigentumsanlage fachmännisch untersuchen zu lassen.

Der Verwalter nach WEG blieb ungeachtet dessen untätig, eine Beschlussumsetzungerfolgte nicht.

Deshalb erhob der klagende Wohnungseigentümer gegen den beklagten Verwalter eine Klage auf Beschlussumsetzung, die das Amtsgericht abwies.

In 2. Instanz fand die Beschlussumsetzung statt, weshalb der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärte und beantragte, die Kosten des Rechtsstreits dem Verwalter aufzuerlegen.

 

Zu Recht?

 

Nein – das LG Frankfurt/Main auferlegt die Kosten des Rechtsstreits dem klagenden Wohnungseigentümer, da er nach Auffassung des Gerichts auch in 2. Instanz unterlegen gewesen wäre.

1.

Zwar sei umstritten, ob ein einzelner Wohnungseigentümer befugt sei, gegen den Verwalter eine Klage auf Beschlussumsetzung zu erheben.

Die Kammer teile aber die Ansicht des Amtsgerichts und Teilen der wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsprechung sowie Literatur , dass ein einzelner Wohnungseigentümer nicht dazu berechtigt sei, den Verwalter nach WEG durch eine Klage auf Beschlussumsetzung zur Durchführung von beschlossenen Maßnahmen zu zwingen.

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden habe, obliege die Beschlussumsetzung nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG dem Verwalter, der dem Verband der Wohnungseigentümer – und nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer – auf Erfüllung und ggf. auf Schadensersatz hafte. 

Demzufolge sei es Aufgabe des Verbands – der mit dem Verwalter den Verwaltervertrag geschlossen habe – und nicht des einzelnen Wohnungseigentümers, Ansprüche auf Beschlussumsetzung gegenüber dem Verwalter durchzusetzen.

2.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Verwaltervertrag auch Schutzwirkungen zu Gunsten des einzelnen Wohnungseigentümers entfalte.

Soweit dem einzelnen Wohnungseigentümer insoweit Schadensersatzansprüche zu stünden, die nicht das Gemeinschaftseigentum beträfen, könne er diese zwar unmittelbar gegen den Verwalter ohne Einschaltung des Verbandes geltend machen.

Dies betreffe allerdings nur die – lediglich ihn betreffenden – Sekundäransprüche.

Eine Befugnis des einzelnen Wohnungseigentümers auch die dem Verband einheitlich zustehenden Erfüllungsansprüche gerichtlich geltend zu machen, könne hieraus nicht hergeleitet werden.

Insoweit müsse der einzelne Wohnungseigentümer ggf. bei dem Verband darauf hinwirken, dass dieser gegenüber dem Verwalter tätig werde, wozu aus dem mitgliedschaftlichen Treueverhältnis ein Anspruch bestehen könne.

3.
Für die durch die Kammer vertretene Auffassung sprächen letztlich auch praktische Erwägungen.

Denn gerade bei der oft im Streit stehenden Frage, ob eine vollständige Beschlussumsetzung erfolgt sei  oder nicht, sei es Aufgabe des Verbands über diese Frage zu befinden und ggf. durch ergänzende Anweisungen an den Verwalter, diesen zu entsprechenden Tätigkeiten zu veranlassen.

Die den Verband betreffende Frage der Beschlussumsetzung könne nicht auf Einzelstreitigkeiten einzelner Wohnungseigentümer mit dem Verwalter verlagert werden.

 

Fazit:

 

1.

Die Entscheidung des LG Frankfurt/Main entspricht einer in der wohnungseigentumsrechtlichen Instanzrechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung.

Eine Entscheidung des BGH zu dieser Frage ist bislang nicht ersichtlich, wäre aber wünschenswert.

2.

Denn nach anderer Auffassung, insbesondere namhafter wohnungseigentumsrechtlicher Kommentatoren, kann auch der einzelne Wohnungseigentümer eine Klage auf Beschlussumsetzung erheben.

Schlagkräftiges Argument dieser Auffassung ist das Gesetz, nämlich § 21 Abs. 4 WEG.

Die Vorschrift lautet wie folgt

(4) Jeder Wohnungseigentümer kann eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht

und begründet einen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung, der sich zum einen gegen die übrigen Wohnungseigentümer, zum anderen aber auch gegen den Verwalter nach WEG richtet.

Damit befasst sich das LG Frankfurt/Main nicht einmal ansatzweise.