Fahrradständer auf Stellplatz – Genehmigungsbeschluss?

von Ralf Schulze Steinen | 26.02.2016
Fahrradständer auf Pkw-Stellplatz – Genehmigungsbeschluss wirksam?
 
Die Bezeichnung „Tiefgaragenstellplatz“ in der Teilungserklärung ist nach deren Wortlaut und nächstliegendem Sinn so zu verstehen, dass diese Flächen (nur) als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge dienen sollen. Ein Genehmigungsbeschluss, durch den eine Nutzung dieser Fläche als Fahrradabstellplatz mit fest installiertem Fahrradständer erlaubt wird, widerspricht deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung.
 
Dies hat das Landgericht Hamburg, Urteil vom 17.06.2015, Az. 318 S 167/14 entschieden.
 
Der Fall:
In dem zu entscheidenden Fall begehrten zwei Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentümerversammlung einen Genehmigungsbeschluss zur Errichtung von Fahrradständern auf einem – nach Teilungserklärung so bezeichneten- Tiefgaragenstellplatz.
Der Genehmigungsbeschluss wurde mehrheitlich gefasst, allerdings hiernach angefochten.
Zu Recht?
Ja – das Landgericht Hamburg erklärt den Genehmigungsbeschluss für ungültig, da er den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche.
1.
Dies sei der Fall, wenn durch einen Genehmigungsbeschluss eine von einer Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter abweichende Nutzung genehmigt werde, weil die Wohnungseigentümer Gebrauchsregelungen nur insoweit durch Mehrheitsbeschluss treffen könnten, als keine Vereinbarung gemäß § 15 Abs. 1 WEG entgegenstehe.
Dies sei hier jedoch der Fall.

Die Teilungserklärung enthalte eine solche Zweckbestimmung, weil darin der Rahmen der zulässigen Nutzung der hier streitgegenständlichen Flächen festgelegt werde.
In der Teilungserklärung seien die Flächen als „Tiefgaragenstellplatz“ bezeichnet.
Dies sei nach dem Wortlaut und dem nächstliegenden Sinn dahingehend zu verstehen, dass diese Flächen als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge dienen sollen. Bei der Auslegung einer Zweckbestimmung in einer Teilungserklärung sei – entsprechend den Auslegungsgrundsätzen für den Grundbuchinhalt – auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergebe.
Danach diene eine Tiefgarage dem Abstellen von Kraftfahrzeugen.
2.
Es mache auch keinen Unterschied, ob an dem Tiefgaragenstellplatz Sondereigentum begründet worden sei. Denn auch der Gebrauch des Sondereigentums unterliege den durch die Zweckbestimmung gesetzten Grenzen.
3.

Die Nutzung als Fahrradabstellplatz mit einem auf dem Boden befestigten Bügel sei bei generalisierender Betrachtung auch nicht weniger störend oder beeinträchtigend als die Nutzung als Kraftfahrzeugstellplatz.
Dabei könne dahinstehen, ob dies schon deshalb der Fall ist, weil das Befahren der Stellplatzfläche mit einem PKW aufgrund des Bügels nicht ungehindert möglich sei. Dies mag bei einer dem einzelnen Stellplatzinhaber zugewiesenen Sondereigentumsfläche hinnehmbar sein.
Jedenfalls aber sei aufgrund des baulichen Eingriffs in den im Gemeinschaftseigentum stehenden Boden der Tiefgarage die Genehmigung der Nutzung durch Mehrheitsbeschluss nicht möglich.
Ebenso wie ein sich im Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG haltender Gebrauch nicht durch Mehrheitsbeschluss verboten werden dürfe, könne umgekehrt ein über den Rahmen des § 14 Nr. 1 WEG hinausgehender Gebrauch nicht durch Mehrheitsbeschluss erlaubt werden.
Fazit:
Die Entscheidung ist unseres Erachtens kritisch zu beurteilen.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung – insbesondere auch des Bundesgerichtshofs – ist eine grundsätzlich zweckwidrige Nutzung ausnahmsweise dann zulässig, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung.
Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten ist.
Dies ist unseres Erachtens eindeutig hier der Fall.
Ob der Stellplatz nun zum Parken von Pkw oder zum Abstellen von Fahrrädern genutzt wird, ist einerlei. Bei der Nutzung als Fahrradabstellplatz dürften die Beeinträchtigungen sogar weitaus geringer sein. Es erschließt sich in Anbetracht dessen nicht, wieso die Genehmigung der Nutzung als Fahrradabstellplatz den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen soll
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2.
Soweit das Landgericht Hamburg weiter meint, die Befestigung des Fahrradständers im Tiefgaragenboden könne nicht genehmigt werden, erscheint auch diese Annahme als nicht zutreffend
a.
Die Befestigung eines Fahrradständers im Boden dürfte mit ein paar Schrauben zu bewerkstelligen sein, also durch einen vergleichsweise geringen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum.
Wenn man weiter davon ausgeht, dass mit diesem geringfügigen Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Folgen für das Gemeinschaftseigentum verbunden sind, so gilt § 22 Abs. 1 S. 2 WEG, nachdem nicht nachteilige bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums zustimmunglos vorgenommen werden dürfen.
b.
Liegt eine nicht nachteilige bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums vor, so hat der „bauwillige“ Wohnungseigentümer einen Anspruch auf deren Genehmigung.
Auch das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 21.10.2011, Az. V ZR 265/10.
Auch das hat das Landgericht Hamburg unseres Erachtens verkannt.
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