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BGH, Urteil vom 10.12.2010, Az.: V ZR 60/10
Sachverhalt:
Die GO der WEG sieht vor, dass die Versammlung einem WE, der mit Zahlungen von Beiträgen länger als einen Monat in Verzug ist, von der Teilnahme an der Eigentümerversammlung und der Abstimmung per Beschluss ausschließen kann. In der Eigentümerversammlung 2008 beschließen die Wohnungseigentümer den Entzug des Stimmrechts und den Ausschluss derjenigen WE von der Versammlung, die mit ihren Hausgeldzahlungen mehr als einen Monat in Verzug sind. Mehrere WE müssen hieraufhin die Versammlung verlassen. Einer der Betroffenen wehrt sich mit der Anfechtung aller in der Versammlung gefassten Beschlüsse.
Hintergrund:
Nach § 10 Abs. 2 S. 2 WEG können die WE von den Vorschriften des WEG abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.
Entscheidung des BGH:
Das WEG lässt den WE weitgehend freie Hand, wie sie ihr Verhältnis untereinander ordnen wollen. Schranken für den Inhalt der GO ergeben sich jedoch aus den Grenzen der Privatautonomie (§ 138 BGB – Sittenwidrigkeit; § 135 BGB – gesetzliche Verbote). Gemessen daran kann die Regelung der GO keinen Bestand haben. Das Gesetz weist den WE nicht die Befugnis zu, einem Mitglied der Gemeinschaft per Beschluss sein Stimmrecht zu entziehen und diesen wegen Zahlungsverzuges von einer Wohnungseigentümerversammlung auszuschließen. Auch eine entsprechende Regelung in der GO wäre nichtig. Denn die Gestaltungsfreiheit für GOen endet dort, wo die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der WE ausgehöhlt wird. Darüber hinaus verbietet das mitgliedschaftsrechtliche Element des Wohnungseigentums einen allgemeinen Ausschluss des WE vom Stimmrecht. Erst recht ist ein allgemeiner Ausschluss von Versammlungen der Wohnungseigentümer unzulässig, weil dem Mitglied dadurch nicht nur faktisch sein Stimmrecht genommen, sondern ihm darüber hinaus die ebenfalls in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte fallende Befugnis abgeschnitten wird, auf die Willensbildung der Gemeinschaft durch Rede und Gegenrede Einfluss zu nehmen. Dasselbe gilt im Grundsatz auch für einen nur vorübergehenden Ausschluss.
Anmerkung vom Fries-Immobilienteam:
Ein Eingriff in das Recht des WE auf Teilnahme an der WEG-Versammlung ist nur statthaft, wenn auf andere Weise die geordnete Durchführung einer Versammlung nicht gewährleistet werden kann, so etwa, wenn ein Wohnungseigentümer nachhaltig und trotz Androhung des Ausschlusses die Versammlung weiterhin in erheblicher Weise stört. An dem erforderlichen versammlungsspezifischen Bezug fehlt es indessen, wenn ein Wohnungseigentümer mit der Zahlung von Beiträgen in Verzug ist.
Selbst wenn der Beitragsrückstand und die Dauer des Verzuges erheblich ist und der WE dadurch in schwerwiegender Weise gegen seine Pflicht verstößt, durch Leistung der auf ihn entfallenden Beiträge an der Sicherung der finanzielle Grundlage der Wohnungseigentümergemeinschaft mitzuwirken, ist ein Stimmrechtsentzug nicht möglich. Wie § 25 Abs. 5 Alt. 3 WEG zeigt, tritt ein Verlust des Stimmrechts auch in solchen Fällen erst ein, wenn der betreffende Wohnungseigentümer unter den strengen Voraussetzungen des § 18 WEG rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt worden ist. Selbst dann bleibt jedoch das Recht auf Teilnahme an Versammlungen bis zur Übertragung des Wohnungseigentums auf den Erwerber bestehen.
Quelle: www.friesrae.de/
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