Die Abberufung des Verwalters – kein leichtes Unterfangen

Die Abberufung des Verwalters beschäftigt immer wieder die Gerichte. Die Gründe für den Wunsch nach Abberufung sind vielfältig. Oft ist es die schlichte Unzufriedenheit einzelner Eigentümer mit dem Verwalter, oft gibt es jahrelange Streitigkeiten zwischen Eigentümergemeinschaft und Verwaltung. Nachdem Verwalter zwangsläufig mit einer Vielzahl einzelner Meinungen und Ansichten der Wohnungseigentümer konfrontiert werden, handelt es sich naturgemäß auch um ein sehr konfliktträchtiges Betätigungsfeld. All dies führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten und dem Wunsch nach Abberufung des bisherigen Verwalters.
Hinzu kommt, dass ein WEG-Verwalter grundsätzlich schwierige Aufgaben zu erfüllen hat: Einerseits die zahlreichen Verpflichtungen aus Wohnungseigentumsgesetz und Verwaltervertrag. Andererseits die Pflicht, den Konsens der Eigentümergemeinschaft herzustellen, insbesondere durch Mehrheitsbeschlüsse. Ebenso sei erwähnt, dass es – wie in allen Berufszweigen – schwarze Schafe unter den Verwaltern gibt. Deshalb existiert auch eine Fülle von Rechtsprechung zur Abberufung von Verwaltern, etwa wegen Verwirklichung einzelner Vermögensdelikte.

Die Abberufung erfolgt durch die Wohnungseigentümer, in der Regel durch Mehrheitsbeschluss.
Ein Einzeleigentümer kann die Abberufung gerichtlich durchsetzen, wenn ihm entweder die vorherige Anrufung der Wohnungseigentümerversammlung nicht zugemutet werden kann, oder wenn dessen Versuch, einen Mehrheitsbeschluss herbeizuführen, gescheitert ist. Nur in diesen Fällen besteht für einzelne Eigentümer ein Rechtsschutzbedürfnis für das gerichtliche Abberufungsverfahren.

Ist ein Verwalter auf unbestimmte Zeit bestellt worden – was eher seltener anzutreffen sein wird – so kann der Verwalter ohne besonderen Grund unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist durch Eigentümerbeschluss abberufen werden.
Diese, sogenannte ordentliche Abberufung ist nicht möglich, wenn der Verwalter auf bestimmte Zeit (gesetzlich auf fünf Jahre begrenzt) bestellt worden ist. Die Bestellung auf bestimmte Zeit ist der in der Praxis häufiger anzutreffende Fall. Liegt eine solche vor, so kann der Verwalter in der Regel nur aus einem wichtigen Grund abberufen werden. Dieses Abberufungsrecht steht den Wohnungseigentümern immer zu und kann nicht eingeschränkt werden.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern nach Treu und Glauben eine weitere Fortführung der Verwaltertätigkeit nicht zumutbar ist, insbesondere, wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Eigentümern und Verwalter zerstört ist (BGH NZM 2002, 788).
Folgende Gründe hat die Rechtsprechung anerkannt: Entgegennahme von Provisionen durch den Verwalter, mangelnde Sorgfalt in finanziellen Angelegenheiten, rechtskräftige Verurteilung wegen Vermögensdelikten, Weigerung eine Jahresabrechnung zu erstellen, Verletzung der Neutralitätspflicht, Weigerung des Verwalters Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen oder eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Ein wichtiger Grund wurde verneint bei Fehlern in der Einzelabrechnung, der Protokollführung, verspäteter Versendung des Protokolls, Verweigerung der Akteneinsicht.

Die Rechtsbegriffe "Treu und Glauben", "Unzumutbarkeit der Verwaltertätigkeit bis zum Ablauf der Bestellungszeit", "Zerstörung des Vertrauensverhältnisses" zeigen, dass die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grunde eine Ausnahme ist. Sie ist sogenannte ultima ratio.
Betreibt der Verwalter die gerichtliche Anfechtung des Abberufungsbeschlusses, so findet eine Interessenabwägung durch den Richter statt. Zwar hat die Rechtsprechung zahlreiche Grundsätze zur Abberufung des Verwalters entwickelt, letztlich kann aber wegen der gerichtlichen Interessenabwägung nur selten eine zuverlässige Prognose zur tatsächlichen Wirksamkeit der Abberufung erfolgen.

Über folgenden Fall der Abberufung hatte das Bayerische Oberste Landesgericht (AZ.: 2Z BR 66/04, Beschluss vom 05.05.2004) im vergangenen Jahr zu entscheiden:
In einer Eigentumswohnanlage gehört die überwiegende Zahl der Wohnungen Familienangehörigen. Eine Miteigentümerin ist die Ehefrau des Verwalters. Ein Miteigentümer, der nicht zur Familie gehört, beantragte, den Verwalter nicht mehr zu bestellen. "Die Familie" lehnte diesen Antrag ab und beschloss mehrheitlich, den Ehemann der Miteigentümerin auf weitere 5 Jahre als Verwalter zu bestellen.

Das Gericht stellte zunächst fest: Der Einzeleigentümer muss bei Berücksichtigung der Mehrheitsverhältnisse der Familie nicht versuchen, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, mit dem Ziel, den Verwalter abzuberufen. In Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse der Familie sei das Ergebnis vorbestimmt und somit eine nutzlose Förmelei. Unter Bezugnahme auf die frühere Rechtssprechung (BayObLG, NJW – RR 1997, 1443) kann dem Antragsteller die vorherige (nutzlose) Anrufung einer Eigentümerversammlung in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse nicht zugemutet werden.
Das Gericht erachtete im konkreten Fall die Abberufung des Verwalters als zulässig.

  • Weil er ohne Eigentümerbeschluss gegen die Gemeinschaft geltend gemachte Forderungen seiner Familienangehörigen im Namen der Eigentümergemeinschaft anerkannt hat und dadurch die Interessen seiner Familienangehörigen bevorzugt hat.

  • Weil er seinen Familienangehörigen unberechtigt eine Rückzahlung geleistet hat.

  • Weil er sein Verwalterhonorar an seine Ehefrau abgetreten hat und das Honorar – wiederum ohne Eigentümerbeschluss – mit Wohngeldansprüchen der Gemeinschaft gegen seine Frau verrechnet hat.

  • Weil er einseitig gegen die Interessen von Einzeleigentümern (bei gleichzeitiger Bevorzugung seiner Angehörigen) verstoßen hat.

Als "Mit-Grund" wurde darüber hinaus die Tatsache erachtet, dass der Verwalter sich über einen längeren Zeitraum geweigert hat, Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu gewähren.

In einer anderen Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts ging es um Folgendes (Beschluss vom 03.11.04 AZ.: 2Z BR 102/04:
Der Verwalter hatte verschwiegen, dass er an Firmen, an denen er beteiligt, bzw. als Geschäftsführer bestellt war, in Insolvenzverfahren verwickelt war.
Nachdem die Wohnungseigentümer den Verwalter in einer Versammlung zu diesen Insolvenzen befragen wollten, verließ er den Versammlungsort und äußerte sich auch in der Folgezeit nicht zu den Fragen der Eigentümer.
Das Bayerische Oberste Landesgericht bejahte deshalb eine nachhaltige Erschütterung des Vertrauensverhältnisses. Es wies den Antrag des Verwalters, den Abberufungsbeschluss für ungültig zu erklären zurück.

Durch das Gericht wurde klargestellt, dass eine Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund nur dann in Betracht kommt, wenn der Grund nach der Verwalterbestellung entstanden ist oder erst danach bekannt geworden ist.
Eine Abberufung des Verwalters kann nicht auf Gründe gestützt werden, die bereits bei Bestellung des Verwalters hätten berücksichtigt werden können. In dem vorgenannten Fall lag der Sachverhalt deshalb anders, weil der Verwalter auf die berechtigten Fragen zur Insolvenz nicht eingegangen ist und die Eigentümerversammlung verlassen hat.
Eine Abberufung kann ebenfalls nicht auf Gründe gestützt werden, auf die sich eine dem Verwalter erteilte Entlastung erstreckt, vgl. BayObLG, Beschluss vom 06.08.1985, AZ: 2 Z 45/85 – NJW RR 1986, 446. Auch in dieser Entscheidung ging es um Verweigerung der Akteneinsicht durch den Verwalter. Dabei wurde die Verweigerung der Akteneinsicht allein noch nicht als derart gravierend erachtet, dass eine sofortige Abberufung des Verwalters gerechtfertigt wäre.
Zusammenfassend:
Eine Abberufung des Verwalters kann grundsätzlich nur durch Mehrheitsbeschluss erfolgen. Wenn ein solcher Mehrheitsbeschluss vorliegt, ist weitere Voraussetzung, dass die Fortsetzung der Verwaltertätigkeit für die Eigentümergemeinschaft unzumutbar ist, insbesondere weil das Vertrauensverhältnis zerstört ist. Wenn vorgenannte Hürden genommen sind, verbleibt für die Eigentümer noch immer ein erhebliches Restrisiko. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens auf Abberufung der Verwaltung findet eine Interessenabwägung statt. Im Rahmen der Interessenabwägung ist einerseits die Vielzahl der obergerichtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen, andererseits kann die Abwägung auf Grund richterlichen Ermessens von Richter zu Richter deutlich unterschiedlich ausfallen. Darin liegt das erhebliche Risiko eines Abberufungverfahrens, zumal die Eigentümergemeinschaft im Falle der Ungültigerklärung des Abberufungsbeschlusses Gefahr läuft, Verwalterhonorar nachzahlen zu müssen. Nachdem sich hieraus erhebliche finanzielle Nachteile für die Eigentümergemeinschaft ergeben können, ist sorgfältig abzuwägen, ob die Eigentümergemeinschaft nicht das vertraglich vorgesehene Ende der Verwalterbestellung abwarten kann.
Anders bei strafbaren Handlungen des Verwalters: Ist der Verwalter wegen eines Vermögensdelikts einschlägig vorbestraft und sehen die Eigentümer dadurch ihr Vermögen gefährdet, so ist das Vertrauensverhältnis zerstört, der Verwalter kann abberufen werden.

 

http://www.haus-und-grund-muenchen.de/