Der Datenschutz in der Eigentumsverwaltung ist ein sensibles Thema. Zunehmend werden Verwalter wegen behaupteter Verstöße gegen die DSGVO bei behördlichen Stellen von Eigentümern angezeigt oder vor Gericht auf Schadensersatz sowie Unterlassung in Anspruch genommen. Eine wichtige Frage lautet: Darf der Verwalter nach der DSGVO in Vorbereitung auf eine Eigentümerversammlung eine Saldenliste an sämtliche Eigentümer versenden, in welcher zahlungssäumige Eigentümer namentlich benannt und die Hausgeldrückstände aufgelistet werden? Diese Frage klärt das Landgericht Oldenburg in einem aktuellen Urteil (LG Oldenburg, Urteil vom 22.12.2020, 5 S 50/20).
Was war passiert?
Der Verwalter einer Bruchteilsgemeinschaft lud zu einer Eigentümerversammlung ein, die u. a. die Genehmigung von Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan zum Gegenstand hatte. In einem gesonderten Schreiben übersandte der Verwalter die Jahresabrechnung, informierte die Eigentümer über bestehende Hausgeldrückstände und fügte diesem Schreiben eine Saldenliste bei, in welcher die Hausgeldschuldner namentlich unter Angabe der bestehenden Hausgeldrückstände benannt wurden. Ein in der Saldoauflistung namentlich benannter Eigentümer mit Beitragsrückständen sah in dem Verhalten des Verwalters einen Verstoß gegen die DSGVO und nahm den Verwalter auf Unterlassung sowie Schadensersatz wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts in Anspruch. Das Amtsgericht wies den Schadensersatzanspruch ab und verurteilte den Verwalter zur zukünftigen Unterlassung der namentlichen Nennung des Eigentümers wegen bestehender Hausgeldrückstände. Die hiergegen eingelegte Berufung war erfolgreich. Das Landgericht Oldenburg hob das Urteil des Amtsgerichts auf und wies die Unterlassungsklage ab.
Wie entscheidet das Landgericht?
Das Verhalten des Verwalters war rechtmäßig. Zwar stellt die namentliche Nennung des Eigentümers in der Saldoauflistung eine Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 4 DSGVO dar, einer Einwilligung des Eigentümers bedurfte es allerdings nicht, da das Verhalten des Verwalters nach Art. 6 Abs. 1 lit. c und f DSGVO rechtmäßig war.
Die namentliche Nennung der Hausgeldschuldner durch den Verwalter erfolgte in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung. Der Verwalter hat eine Reihe gesetzlicher Aufgaben zu erfüllen, wozu u. a. die Vorbereitung von Beschlüssen durch die Eigentümergemeinschaft und die Schaffung einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage für die Beschlussfassung gehört. Damit die Eigentümer sich auf die Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung vorbereiten können, sind ihnen die für ihre Entscheidungsfindung erforderlichen Informationen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Eine Information über Hausgeldrückstände einzelner Eigentümer erst in der Versammlung wäre nicht ausreichend und nicht rechtzeitig. Würde der Verwalter die Person der Hausgeldschuldner und Höhe der Rückstände erst in der Eigentümerversammlung mitteilen, würde er sich dem Vorwurf einer Schlechtleistung seiner Verwaltungstätigkeit aussetzen und womöglich sogar die Eigentümerversammlung daran hindern, die ihnen nach den gesetzlichen Vorgaben obliegenden Entscheidungen zu treffen. Gerade auch um das Risiko einer gerichtlichen Inanspruchnahme eines säumigen Zahlers abschätzen zu können, ist es daher erforderlich, dass nicht nur dessen Rückstände, sondern auch die Person die Schuldners im Vorfeld bekannt gemacht wird.
Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
Die Entscheidung erging im Zusammenhang mit der Verwaltung einer Bruchteilsgemeinschaft, sie gilt aber auch – und zwar erst recht! – für die Verwaltung von Wohnungseigentümergemeinschaften.
Zum alten Recht wurde die Berechtigung des Verwalters zur Mitteilung von Hausgeldrückständen an die übrigen Eigentümer im wesentlichen damit begründet, dass die Wohnungseigentümer über die von dem Verwalter zu erstellende Jahresabrechnung zu beschließen hatten, in welcher der Stand der Hausgeldzahlungen der einzelnen Eigentümer auszuweisen war (Verwalterpraxis Online, Schmidt, HI 11548969, Stand 21.10.2019; Maaß, Datenschutz-Grundverordnung im WEG-Recht, FS für Olaf Riecke, 2019; Eisenschmid NZM 2019, 313). Allerdings wird nach neuem WEG-Recht nicht mehr über die Jahresabrechnung beschlossen, sondern nur noch über die Abrechnungsspitze (§ 28 Abs. 2 WEG), sodass die Begründung mit der Jahresabrechnung nicht mehr durchgreift.
In der Wohnungseigentumsverwaltung ergibt sich die Berechtigung des Verwalters zur namentlichen Nennung von Hausgeldschuldnern zukünftig insbesondere aus der gesetzlichen Verpflichtung zur Vorlage eines Vermögensberichts gemäß § 28 Abs. 4 WEG i. V. m. dem Verwaltervertrag. Der Vermögensbericht hat eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens zu enthalten, wozu in erster Linie die Forderungen der Gemeinschaft gegen einzelne Wohnungseigentümer gehören (vgl. Blankenstein, WEG-Reform 2020, Seite 426).
Auch wenn der Vermögensbericht nicht Bestandteil der Jahresabrechnung ist und hierüber auch kein Beschluss gefasst wird, empfehlen wir dennoch, den Vermögensbericht den Wohnungseigentümern rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung zukommen zu lassen, auf welcher die Abrechnungsspitzen und Vorschüsse gemäß § 28 Abs. 1, 2 WEG (früher: Jahresabrechnung, Wirtschaftsplan) beschlossen werden sollen. Hintergrund ist der, dass die Eigentümer über die Vermögenslage der Gemeinschaft informiert und in die Lage versetzt müssen, sinnvolle und zielführende Beschlüsse fassen zu können. Die regelmäßige Zahlung von Hausgeldern ist für die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschaft von existenzieller Bedeutung, sodass u. a. folgende Beschlussgegenstände in Betracht kommen: Klarstellende Befugnis des Verwalters zur gerichtlichen Geltendmachung von Hausgeldforderungen, Erhebung einer Sonderumlage zur Liquiditätssicherung bei erheblichen Hausgeldrückständen, Abtrennung der betroffenen Sondereigentumseinheiten von Versorgungsleistungen, Einleitung von Zwangsversteigerungsverfahren, Entziehung des Wohnungseigentums (Blankenstein, WEG-Reform 2020, Seite 618; BeckOK WEG/Hogenschurz, 43. Ed., WEG § 17 Rn. 12). Damit die Wohnungseigentümer einen ordnungsgemäßen Beschluss fassen können, müssen sie durch den Verwalter rechtzeitig über die entscheidungsrelevanten Tatsachen informiert werden und eine Entscheidungsgrundlage erhalten. Dieses Informationsmanagement gehört zum Aufgaben- und Pflichtenkreis des Verwalters nach dem Verwaltervertrag.