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von Johannes Hofele | 2. Apr 2020 | Corona, Gewerbemietrecht, Immobilienpolitik- und Wirtschaft
Das „Covid-19“ Gesetz schützt Mieter vor Kündigungen bei nachweislich „corona-bedingten“ Rückständen, die für die Mieten von April, Mai und Juni 2020 eintreten. Mehr nicht. Es gibt dem Mieter keinen außerordentlichen Kündigungsgrund. Vor allem lässt es die Zahlungspflicht des Mieters unberührt. Es regelt weder eine Stundung noch gar einen Erlass der Miete. Die schlichte Einstellung der Mietzahlung ohne konkreten Grund würde m.E. jedenfalls bei Gewerberaummietern eine vorsätzliche Vertragsverletzung darstellen und wäre nicht im Ansatz vom Gesetz gedeckt. Beim Wohnraummietrecht mag aus sozialen Gründen eine andere Bewertung in Betracht kommen.
Für die Überlegungen, keine Miete mehr zahlen zu müssen, wird neben der Frage, ob ein Mangel der Mietsache vorliegt, vor allem § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) herangezogen.
Kein Mangel der Mietsache
Auf eine Mangel können sich Mieter nicht berufen: Eine Minderung ist nur möglich, wenn der Mangel „gebäudebezogen“ ist. Die derzeitigen behördliche Maßnahmen verbieten die Öffnung von Geschäften oder beschränken Öffnungszeiten, um Kontakte zwischen den Menschen (Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten usw.) zu verhindern. Sie sind daher als betriebsbezogen zu qualifizieren. Anders wäre dies z.B. in den Fällen zu werten, in denen etwa nach einem Erdbeben die Standsicherheit von Gebäuden gefährdet wäre und eine Schließung deshalb angeordnet würde.
Störung der Geschäftsgrundlage?
313 Abs. 1 BGB gibt vorrangig nur einen Anspruch auf Vertragsanpassung und erst wenn das nicht möglich ist, einen Anspruch auf Kündigung (Abs.3). Für Dauerschuldverhältnisse gilt § 314 BGB, wobei bei Mietverträgen die Kündigungsvorschriften aus dem Mietrecht (§ 543 BGB) als speziellere Normen vorgehen. Auch § 537 Abs. 1 BGB weist dem Mieter das Risiko bei persönlicher Verhinderung zu, und generell gilt, dass der Mieter das Verwendungsrisiko trägt: Insbesondere trägt er das Risiko, dass er mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen kann. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters, dass dieser nicht nachträglich auf den Vermieter verlagern kann (BGH NJW 2006, 899, 901 zum Einkaufzentrum).
Für Gewerberaum stellt die Pandemie daher – jedenfalls zur Zeit noch – keine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) des Mietvertrages dar. Das mag sich ändern, wenn die Krise anhält (die Möglichkeit der Verlängerung des Schutzzeitraumes durch Rechtsverordnung ist im Gesetz angelegt). Jedenfalls derzeit kann sich ein (Gewerbe-)Mieter weder einfach die Zahlung einstellen noch sich von einem „zu teuren“ Mietvertrag lösen. Auch Vermieter können unliebsame Mieter nicht kündigen, solange diese unter den Kündigungsschutz fallen.
Punktuelle Vertragsanpassung
Daher kann es derzeit nur um punktuelle Anpassungen gehen, wenn man überlegt, wie die Situation auf Vertragsverhältnisse einwirkt. Voraussetzung des § 313 BGB ist zunächst, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Es ist also zunächst zu fragen, was die Mietparteien vereinbart hätten, wenn sie die jetzige Situation – der Stillstand des öffentlichen Lebens – vorausgesehen hätten. Im Hinblick auf die Mietzahlung würde man abgestufte Regelungen vereinbaren, etwa zunächst Stundungsregeln, dann eine Anpassung der Miete und erst ganz zuletzt eine Vertragsaufhebung regeln.
Derzeit ist durch die gesetzliche Regelung zwar keine Stundung vorgesehen, aber die Regelung gibt Mietern für einen gewissen Zeitraum genügend Schutz, um vorläufig mit der Situation umzugehen. Weitere Voraussetzung des § 313 Abs. 1 BGB ist nämlich, dass der anderen Partei das Festhalten am unveränderten Vertrag unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, nicht zugemutet werden kann. Erst wenn die Anpassung unmöglich oder der anderen Partei unzumutbar ist, kann der benachteiligte Teil zurücktreten bzw. Kündigen (§ 313 Abs. 3, 314 Abs. 1 BGB).
Es bleibt der Verlauf abzuwarten: Je länger die Pandemie dauert, desto mehr wird man über eine Störung der Geschäftsgrundlage nachdenken können. Aber auch hier wäre dann vorrangig eine Vertragsanpassung zu suchen, die die Interessen beider Seiten wahrt, bevor es zur Auflösung des Vertrages kommen kann.
Daher kommt es – wie immer – auf den Einzelfall an, was sich z.B. ganz deutlich bei einer Umsatzmiete zeigt: HIer wird eine feste Grundmiete vereinbart, hinzu kommt ein Mietanteil, der vom Umsatz des Mieters abhängt. Hier ist der Vermieter also schon am (Risiko des) Geschäftserfolg(s) des Mieters beteiligt. Daher dürfte hier kaum ein Anpassungsrecht vorhanden sein: Denn der Mieter muss die Grundmiete zahlen, und der Vermieter bekommt halt auch nicht mehr. Dieses Beispiel zeigt, dass es nicht „den“ Mietvertrag gibt, sondern jeweils konkret zuänächst die einzelnen Regelungen angeschaut werden müssen.
Darauf basierend stellt sich die Frage, ob eine Partei Anspruch auf punktuelle Anpassung des Vertrages haben kann. Das ist zum Beispiel für Betriebs- und Offenhaltungspflichten zu bejahen: Mieter können m.E. nicht daran festgehalten werden, wenn sie das Geschäft nicht öffnen dürfen. Anders kann es sein, wenn sie von sich aus schließen, um ihre Mitarbeiter und Kunden zu schützen.
Fazit: Weil keiner was dafür kann und – wirklich – alle betroffen sind,
sollten alle Parteien aller Vertragsverhältnisse zunächst selbst versuchen tragbare Lösungen zu finden. Etwaige Bundes- und Landeshilfen können dabei natürlich helfen. In Betracht kommen Stundung, Ratenzahlung, evtl. auch Teilverzichte.
Quelle: Breiholdt und Partner Rechtsanwälte, Zimmerstraße 56 ▪ 10117 Berlin
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