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Mietpreisüberhöhung – Rechtsprechung lässt Gestaltungsspielraum
Drei aktuelle Entscheidungen der Hamburger Gerichte sorgen für neuen Diskussionsbedarf bei einem seit vielen Jahren den Wohnungsmarkt beherrschenden Thema: Mietpreisüberhöhung nach § 5 WistraG. In allen Entscheidungen geht es um die Kernfrage, wie eigentlich der Rückforderungsanspruch des Mieters berechnet wird. Die Rechtsprechung ist seit etwa einem Dreivierteljahr uneinheitlich und erschwert eine verläßliche streitvermeidende Rechtsberatung. Worum geht es ?
Das Landgericht Hamburg Zivilkammer 11 hat – soweit ersichtlich – erstmals mit der Entscheidung vom 4.6.1999 (Az.: 311 S 152/98) eine Abkehr von der bis dahin bundesweit üblichen Berechnung des Rückforderungsanspruches vollzogen. Vereinfacht ausgedrückt prüft diese Kammer des Landgerichtes – und ihr folgend einige Amtsrichter – welchen Mietzins der Vermieter zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zulässigerweise hätte vereinbaren dürfen und läßt dann für die Folgezeit erst eine Überschreitung des zulässigen Wertes zu, wenn die ortsübliche Miete diese übersteigt (vgl. Fall A). Bis dahin war üblich, den zulässigen Mietzins nicht ausschließlich an dem Zeitpunkt des Mietbeginns festzumachen, sondern in regelmäßigen Abständen (etwa jedes Jahr) der Berechnung die dann jeweils aktuelle ortsübliche Miete zugrundezulegen ( sog. gleitende Nichtigkeit; vgl. Fall B). Diese Auffassung hat jüngst die Zivilkammer 16 des Landgerichtes Hamburg bekräftigt (Urt. v. 14.12.1999 – 3–6 S 159/99). Die Rechtsprechung ist derzeit also uneinheitlich. Ein neuer Aspekt – gerade für die Gestaltung von Mietverhältnissen – kommt nun durch den Rechtsentscheid des OLG Hamburg (Beschl. v.13.1.2000 – 4 U 112/99) hinzu. Danach ist bei der Vereinbarung einer Staffelmiete für die Frage, ob einzelne in die Zukunft wirkende Staffeln unwirksam sind, wenn zum Zeitpunkt der Begründung des Mietverhältnisses ein geringes Angebot bestand, auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der zu jeweiligen Staffel und dem dann aktuellen ortsüblichen Mietzins abzustellen. Daraus folgt wiederum, daß bei der Wirksamkeit von Staffeln, deren Wirkungszeitpunkt bei der Entscheidung durch das Gericht bereits verstrichen ist, auch auf den jeweiligen bei Beginn der Staffel ortsüblichen Mietzins abzustellen ist (vgl. Fall C). Die Auswirkungen dieser Entscheidungen für die Praxis verdeutlichen die nachfolgende Beispiele:
100 qm Altbauwohnung in Eppendorf; Mietbeginn zum 1.1.1997
Ausgangsmiete DM 1700,- netto-kalt; Mietende 31.12.1999
Ortsübliche Miete: 1.1.1997 (DM 12,-); 1.1.1998 (DM 13,-); 1.1.1999 (DM 14,-)
Fall A:
Es wird keine Staffel vereinbart. Der Rückzahlungsanspruch wird gemäß Urt. v. 4.6.1999 (311 S 152/98) berechnet.
Zulässige Miete
1.1.1997 – 31.12.1997
DM 12 x 100 qm = DM 1200 + 20% = 1440 DM x 12 Monate DM 17280
1.1.1998 – 31.12.1998
Die ortsübliche Miete übersteigt DM 1440 nicht, deshalb DM 17280
1.1.1999 – 31.12.1999
Die ortsübliche Miete übersteigt DM 1440 nicht, deshalb DM 17280
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DM 51840
Tatsächliche Zahlung
DM 1700 x 36 Monate DM 61200
Überzahlung gesamt DM 9360
Fall B:
Es wird keine Staffel vereinbart. Der Rückzahlungsanspruch wird gemäß Urteil vom 14.12.1999 (Az.: 316 S 159/99) berechnet (sog. gleitende Nichtigkeit):
Zulässige Miete
1.1.1997 – 31.12.1997
DM 12 x 100 qm = DM 1200 + 20% = DM 1440 x 12 DM 17280
1.1.1998 – 31.12.1998
DM 13 x 100 qm = DM 1300 + 20% = DM 1560 DM 18720
1.1.1999 – 31.12.1999
DM 14 x 100 qm = DM 1400 + 20% = DM 1680 DM 20160
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DM 56160
Tatsächliche Zahlung
DM 1700 x 36 DM 61200
Überzahlung insgesamt DM 5040
Fall C:
Es wird eine Staffel vereinbart. Der Rückzahlungsanspruch wird gemäß Rechtsentscheid des OLG Hamburg vom 13.1.2000 ( Az.: 4 U 112/99) berechnet. Staffel gemäß Mietvertrag:
1.1.1997 – 31.12.1997 DM 1700
1.1.1998 – 31.12.1998 DM 1701
1.1.1999 – 31.12.1999 DM 1702
Zulässige Miete
Die zulässige Miete entspricht dem Fall B DM 56160
Tatsächliche Zahlung
12 x DM 1700 DM 20400
12 x DM 1701 DM 20412
12 x DM 1702 DM 20424
________
DM 61236
Überzahlung DM 5076
Zur Zeit ist unklar, ob sich in der Rechtsprechung die Berechnungsmethode zu A oder B durchsetzt, wenngleich mehrheitlich wohl die Variante B von den einzelnen Kammern des Landgerichts bevorzugt wird. Die Mehrheit ist aber – wie auch in der Demokratie immer wieder zeigt– kein Garant für die richtige Entscheidung.
Die unterschiedlichen Berechnungen zeigen, daß die Ergebnisse im Fall B und C für den Vermieter die günstigsten sind, wobei die in beiden Fällen zulässige Miete identisch ist und sich die geringfügige Differenz bei der Überzahlung ausschließlich daraus ergibt, daß der Vermieter im Fall C wegen der Staffel geringfügig höhere Einnahmen zu verzeichnen hat.
Auch wird deutlich, daß die Rechtsauffassung, die der Berechnung zu Fall A zugrundeliegt, dann nicht anwendbar ist, wenn der Mietvertrag eine oder mehrere Staffeln enthält. Bei Staffelmietverträgen sind also zwingend die ortsüblichen Mieten zum Wirkungszeitpunkt der jeweiligen Staffel um die sog. Wesentlichkeitsgrenze (20%) zu erhöhen. Hier besteht also ein Gestaltungsspielraum, der zulässigerweise genutzt werden kann. Die Praxis sollte also, sofern die Anwendbarkeit des § 5 WistraG nicht sicher ausgeschlossen werden kann, weil das Vorliegen eines geringen Angebots unklar ist, eine Staffelmiete vereinbaren, auch wenn, wovon der Beispielsfall C ausgeht, am Markt nur geringfügige Erhöhungen durchgesetzt werden können. Damit ist der Vermieter weitgehend sicher vor den für ihn ungünstigen Folgen der dem Fall A zugrundeliegenden Rechtsprechung, sollte sich diese dauerhaft durchsetzen. Allerdings können solche Staffeln dann für den Eigentümer nachteilig werden, wenn der ortsübliche Mietzins wider Erwarten über die vereinbarten Staffeln steigt. Denn während der Laufzeit der Staffelvereinbarung ist eine Erhöhung nach § 2 MHG auf das ortsübliche Niveau ausgeschlossen. Nutzen und Risiken sind also im Einzelfall abzuwägen.
Quelle: www.breiholdt.de – Autor: Johannes Steger
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