BGH: Bei separat vorliegenden Mietverträgen über Wohnung und Stellplatz spricht Vermutung für rechtliche Selbständigkeit beider Verträge

BundesgerichtshofBeschluss vom 14.12.2021
– VIII ZR 94/20

Ort des Stellplatzes auf selben Grundstück wie Wohnung: Keine Widerlegung der Vermutung

Liegen zwei separate schriftliche Mietverträge über eine Wohnung und einen Stellplatz vor, so spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass beide Verträge rechtlich selbständig sind. Der Umstand, dass der Stellplatz auf denselben Grundstück liegt wie die Wohnung, widerlegt die Vermutung nicht, wenn der Stell­platz­miet­vertrag keinen Bezug zum Wohnraummietvertrag nimmt und die Kündigungs­möglich­keiten unterschiedlich sind. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Jahr 1995 mietete eine Frau in Berlin eine Wohnung an. Im Mietvertrag war unter anderem die kostenlose Nutzung eines Kfz-Stellplatzes auf dem Grundstück geregelt. Das Nutzungsrecht konnte jedoch jederzeit widerrufen werden. Nachdem das Grundstück verkauft wurde, beschloss die neue Vermieterin im Jahr 2006, dass die Stellplätze fortan kostenpflichtig angemietet werden müssen. Die Mieterin schloss daraufhin einen Mietvertrag über den Stellplatz ab. Im Jahr 2019 kündigte die Vermieterin den Stellplatz, wogegen sich die Klage der Mieterin richtete.

Amtsgericht und Landgericht wiesen Klage ab

Sowohl das Amtsgericht Berlin-Spandau als auch das Landgericht Berlin wiesen die Klage ab. Ihrer Auffassung nach sei der Mietvertrag über den Stellplatz separat kündbar, da er vom Wohnraummietvertrag rechtlich selbständig sei. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Mieterin.

Bundesgerichthof bejaht ebenfalls Wirksamkeit der Kündigung des Stellplatzmietvertrags

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Der Stellplatzmietvertrag sei separat kündbar. Bei einem schriftlichen Wohnraummietvertrag und einem separat hiervon abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage oder einen Stellplatz spreche eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit beider Vereinbarungen. Diese Vermutung könne im Einzelfall aber widerlegt werden.

Keine Widerlegung der Vermutung der rechtlichen Selbständigkeit beider Verträge

Die Vermutung der rechtlichen Selbständigkeit beider Verträge habe die Mieterin nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht widerlegen können. Zwar rechtfertige der Umstand, dass sich der Stellplatz auf denselben Grundstück wie die Wohnung befindet, die Annahme, dass dessen Vermietung in den Wohnraummietvertrag einbezogen werden soll (BGH, Beschl. v. 04.06.2013 – VIII ZR 422/12 –). Diese Annahme sei aber nicht zwingend, wenn der Stellplatzmietvertrag an keiner Stelle Bezug auf den Wohnraummietvertrag nehme und die Kündigungsmöglichkeiten unterschiedlich sind. So lag der Fall hier.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.05.2022
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)