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Zeigen sich am Himmel Schneeflocken und gefrieren die Seen langsam zu, dann freuen sich viele Bundesbürger, aber längst nicht alle vorbehaltlos. Denn Immobilienbesitzer wissen: Nun kommt zusätzliche Arbeit auf sie zu. Verkehrssicherungspflicht nennt es der Gesetzgeber. Damit ist gemeint, dass jeder vor seinem Haus für gefahrenfrei begehbare Wege zu sorgen hat. Wie weit diese Streu- und Räumpflicht reicht, das zeigt der Infodienst Recht und Steuern der LBS am Beispiel einiger deutscher Gerichtsurteile.
Manchmal ist es wie verhext. Da streut jemand ausdrücklich seine Wege, um die Passanten zu schützen. Und was passiert dann? Kaum ist wieder besseres Wetter eingekehrt, rutscht ein Fußgänger auf dem liegen gebliebenen Streugut aus. In diesem Fall handelte es sich um Splitt, der sich noch auf einem Bahnhofsgelände befand. Das Opfer zog sich bei dem Sturz Blutergüsse und Risse in Gelenk und Meniskus zu und forderte 6.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz. Das Oberlandesgericht Nürnberg wies die Klage in zweiter Instanz ab (Aktenzeichen 1 U 3336/02). Übrig gebliebener Splitt, so die Begründung, gehöre zu den Unannehmlichkeiten und Beschwernissen, mit denen man im mitteleuropäischen Winter rechnen müsse.
Am ärmsten sind diejenigen dran, die morgens zur Arbeit fahren wollen, die aber wegen Schneeverwehungen erst einmal zur Schaufel greifen müssen, um ihre Garageneinfahrt frei zu bekommen. Wie ist es eigentlich versicherungsrechtlich zu bewerten, wenn jemand bei dieser Tätigkeit ausrutscht und sich verletzt? Zählt das als Unfall auf dem Arbeitsweg und ist damit von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt? Das Bundessozialgericht musste sich mit dieser Fallkonstellation befassen (Aktenzeichen B 2 U 33/98 R). Grundsätzlich gibt es keinen Versicherungsschutz, beschieden die Juristen. Er könne nur dann gewährt werden, wenn jemand beim Verlassen der Garage im Schnee stecken bleibe oder ohne vorheriges Räumen stecken geblieben wäre. Wichtig: Räumt jemand zusätzlich noch andere Wege, etwa den zum Hauseingang, fällt er vollends aus dem Verantwortungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung.
Manchmal rätseln Immobilienbesitzer, ab wann sie eigentlich mit dem Streuen, Räumen und Kehren beginnen müssen. Die Faustregel lautet: Bei Beginn des morgendlichen Verkehrs. Damit sind nicht einzelne Nachtschwärmer oder extreme Frühaufsteher gemeint, sondern die Masse der Verkehrsteilnehmer. Ein Hausbesitzer war vor dem Landgericht Frankfurt am Main verklagt worden, weil eine Passantin um sieben Uhr morgens auf nassem Laub ausgerutscht war und sich ein Bein gebrochen hatte (Aktenzeichen 2/23 O 368/93). Die zuständige Zivilkammer vertrat die Meinung, dem Betroffenen sei es nicht zuzumuten gewesen, so früh zum Kehrbesen zu greifen. Die Klage wurde abgewiesen.
Die Verkehrssicherungspflicht von Grundstückseigentümern bedeutet nicht, dass sich Fußgänger bei schlechten Witterungsverhältnissen völlig sorglos bewegen dürfen. Eine Passantin war auf einer erkennbar nicht gestreuten Straße (in dem kleinen Ort gab es keine Bürgersteige) gestolpert und hatte sich den Unterarm verletzt. Sie erhielt nur ein Viertel der geforderten Summe zugesprochen (Landgericht Trier, Aktenzeichen 3 S 100/03). Die Juristen sprachen von einem in hohem Maße leichtfertigen Verhalten, denn die Frau habe gewusst, dass die Nachbarn verreist waren und nicht streuen konnten. Außerdem hätte die Betroffene einen anderen, sichereren Weg wählen können.
Hausbesitzer dürfen es sich aber auch nicht zu einfach machen. Bei Schneefall und Eisglätte ist es eindeutig zu wenig, nur einmal am Morgen zu kehren und zu streuen. Innerhalb angemessener Frist, so entschied das Kammergericht Berlin, muss nachgebessert werden (Aktenzeichen 14 U 159/02). Niemand kann erwarten, dass der Eigentümer den ganzen Tag mit Schaufel und Sandeimer am Bürgersteig steht, aber im Abstand von ein paar Stunden hat er sich zu kümmern. Nur bei ständig gefrierendem Sprühregen, wenn Streuen völlig sinnlos wäre, hat der Verkehrssicherungspflichtige vorübergehend frei.
Der Bürgersteig bedarf, weil er von den meisten Passanten benutzt wird, bei Minustemperaturen besonderer Aufmerksamkeit. Aber die Räumpflichten eines Eigentümers reichen von Fall zu Fall deutlich weiter, wie das Amtsgericht Charlottenburg urteilte (Aktenzeichen 207 C 516/86). In der Regel zählt der Weg zum Hauseingang und zu den Mülltonnen dazu. Auch die Mieterparkplätze müssen ohne Stolperfallen erreichbar sein.
Die Gefahr lauert zwar meistens, aber längst nicht immer unter freiem Himmel. Das erfuhr ein Verkehrssicherungspflichtiger im Raum Hamburg. Er war für einen überdachten Parkplatz zuständig, musste dort natürlich wegen der besonderen Situation nicht Schnee räumen. Allerdings hatten sich auf Wasserpfützen Eisstellen gebildet, was prompt zu einem Unfall mit anschließendem Zivilprozess führte (Oberlandesgericht Hamburg, Aktenzeichen 14 U 172/03). Die Juristen entschieden, dass die Gefahrenstelle unverzüglich hätte beseitigt werden müssen.
Nicht nur Schnee und Eis machen Grundstückseigentümern im Winter zu schaffen, sondern gelegentlich auch heftige Stürme. Im Garten eines vermieteten Hauses waren die Folgen weit reichend, zum Beispiel wurden Bäume geschädigt. Der Eigentümer musste das Holz entfernen lassen und legte seine Ausgaben dafür auf die Betriebskosten um. Die Mieter akzeptierten das nicht, es kam zum Prozess (Oberlandesgericht Koblenz, Aktenzeichen 23 C 147/92). Im Endeffekt blieb der Eigentümer auf seinen Ausgaben sitzen. Die Richter befanden, es habe sich hier um ein ungewöhnliches Naturereignis gehandelt, für dessen Folgen die Mieter nicht zur Kasse gebeten werden dürften.
(Quelle: LBS)
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