Bestellung des Verwalters – Abwahl und (Neu-) Bestellung des Verwalters – Was gilt es zu beachten?

Bestellung des Verwalters – Abwahl und (Neu-) Bestellung des Verwalters – Was gilt es zu beachten?

Prof. Dr. Martin Häublein, Freie Universität Berlin

I. Vorbemerkung

Die Zahl der neueren Gerichtsentscheidungen, die sich mit dem Thema „Wahl und Abwahl des Verwalters“ befassen, ist enorm. Man findet dabei unterschiedliche Konstellationen: Mal wehrt sich der Verwalter gegen seine Abwahl (Beschlussanfechtung) bzw. gegen die Kündigung seines Vertrages (Feststellungsantrag), mal geht es um die Herausgabe der Verwaltungsunterlagen – dann wieder wird um die Wirksamkeit einer Verwalterbestellung gestritten oder dem Beirat die Vollmacht zum Abschluss des Verwaltervertrages abgesprochen.

Nach den Gründen für diese Entwicklung zu suchen, wäre sicherlich interessant, letztlich aber wohl zu einem erheblichen Teil Spekulation. Deshalb werden sich die nachfolgenden Ausführungen darauf beschränken, die von der Rechtsprechung aufgedeckten juristischen Angriffspunkte zu benennen; denn wer diese kennt, kann nicht nur selbst Fehler vermeiden, sondern auch die (Form-) Fehler anderer erkennen. Dies soll keine Aufforderung an abgewählte Verwalter sein, sich durch „juristische Spitzfindigkeiten“ im Amt zu halten. Indes kann manchmal der eine oder andere Hinweis an die Eigentümer helfen, die eigene Verhandlungsposition bei der Suche nach einer einvernehmlichen Lösung zu verbessern.

II. Grundlagen und Grundbegriffe

1. Der Unterschied zwischen der Organstellung des Verwalters (Amt) und dem Anstellungsverhältnis (Verwaltervertrag)

Heute herrschend ist die sog. Trennungstheorie im engeren Sinne. Diese unterscheidet nicht nur zwischen der Organstellung (Amt) und dem Verwaltervertrag, sondern hält beide für voneinander unabhängig (abstrakt). Demgegenüber ging die bislang herrschende Vertragstheorie (zuletzt OLG Hamburg, ZMR 2001, 132) davon aus, dass der Verwalter erst nach Abschluss eines Verwaltervertrags verpflichtet sei, die ihm vom WEG (insb. § 27) übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Einen guten Überblick über den Streitstand gibt Merle in: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl. 2003, § 26 RdNr. 21 ff.

2. Ordentliche und außerordentliche Beendigung der (rechts-) geschäftlichen Beziehungen zwischen Verwalter und Gemeinschaft

Bestehen zwischen den Parteien auf Dauer angelegte vertragliche Beziehungen mit ständig neuen Pflichten (sog. Dauerschuldverhältnis), ist zwischen der Beendigung ohne besonderen Grund (ordentliche Kündigung) und der auf einen wichtigen Grund gestützten (fristlosen) außerordentlichen Kündigung zu unterscheiden. Während die ordentliche Kündigung für die Vertragslaufzeit ausgeschlossen werden kann, ist das Recht zur außerordentlichen Kündigung unabdingbar (vgl. auch § 314 Abs. 1 S. 1 BGB).  

3. Die unterschiedlichen Verfahrensarten gem. § 43 Abs. 1 WE 

III. Bestellung des Verwalters

1. Verwalterwahl gem. § 26 Abs. 1 WEG

Nach Ansicht des BGH {Anlage 1) ist die Bestellung des Verwalters ein zweistufiger Akt, der neben der gemeinschaftlichen Willensbildung (Beschluss) und der darin enthaltenen Bestellungserklärung noch deren Zugang erfordert. Das bedeutet, dass der Verwalter grundsätzlich erst mit Zugang der Bestellungserklärung das Amt innehat, ihn also erst ab diesem Zeitpunkt die Pflichten eines Verwalters treffen. Außerdem muss der Verwalter die Wahl in das Amt annehmen

(OLG Köln, ZMR 2003,380,381).

2. Die gerichtliche Verwalterbestellung gem. § 26 Abs. 3 WEG

Die Bestellung des Verwalters durch das Gericht ist nachrangig und erfolgt nur in dringenden Fällen. Grundsätzlich steht den Eigentümern die Entscheidung darüber zu, wer ihr Verwalter sein soll. Allein das Fehlen eines Verwalters führt daher nicht zu einer Notverwalterbestellung. Vielmehr ist gem. § 24 Abs. 3 WEG zu verfahren; fehlt ein Verwaltungsbeirat, kann ein Eigentümer gerichtlich zur Einberufung der Versammlung analog § 37 Abs. 2 BGB ermächtigt werden.

(OLG Köln, ZMR 2003, 380, 381)

Steht allerdings fest, dass sich die Eigentümer nicht auf einen Verwalter einigen können, kann der einzelne Eigentümer gem. §§ 21 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG nach h.M. die Bestellung durch das Gericht verlangen.

3. Verwalterbestellung im Umlaufverfahren gem. § 23 Abs. 3 WEG

 

IV. Verwaltervertrag und Verwaltervollmacht

1. Rechtsnatur des Vertrages

2. Abschluss und Zustandekommen des Vertrages

Der Abschluss des Verwaltervertrages wirft eine Reihe von Fragen auf, die sich im Detail von denen der Bestellung des Verwalters unterscheiden. Zum einen wird der Verwaltervertrag in der Praxis regelmäßig von einzelnen Eigentümern (z.B. dem Verwaltungsbeirat) unterzeichnet, was die Frage aufwirft, inwiefern hierzu tatsächlich eine Vollmacht besteht (Fall 1 u. 2; Anlage 3). Zum anderen ist der Verwaltervertrag ein Rechtsgeschäft i. S. des § 25 Abs. 5 WEG, was zu einem Stimmrechtsausschluss führen kann (Fall 6). Vgl. zu dem zuletzt ge-annten Problem auch die Entscheidung des BGH in der Anlage 2.

3. Vertragsinhalt insbesondere die Vergütung des Verwalters

Selbst wenn die Wohnungseigentümer bei Abschluss des Verwaltervertrages wirksam vertre-en wurden, heißt dies nicht, dass tatsächlich sämtliche Regelungen des Vertrages rechtswirksam sind. Der Vertrag unterliegt der Inhaltskontrolle. Ist der Verwalter Unternehmer (§ 14 BGB), treffen ihn regelmäßig die Restriktionen der §§ 305 ff. BGB. Zur Zulässigkeit einzelner Klauseln s. auch die Anlage 3.

4. Die Verwaltervollmacht gem. § 27 Abs. 5 WEG

Der Verwalter muss sich im Rechtsverkehr legitimieren können (z.B. Zustimmungen gem. § 12 WEG). § 26 Abs. 4 WEG verschafft ihm diese Möglichkeit. Allerdings hat die Legitimation durch Vorlage des Versammlungsprotokolls Nachteile: Bei einer Verwalterwahl gem. § 23 Abs. 3 WEG sind die Unterschriften sämtlicher Eigentümer erforderlich (ggf. in beglaubigter Form). Außerdem kann dem Versammlungsprotokoll oft nicht der Umfang der Vertretungsmacht entnommen werden. Hier schafft § 27 Abs. 5 WEG Abhilfe. Sofern die Vollmacht nicht von allen Wohnungseigentümern unterschrieben werden soll, muss die Gemeinschaft Einzelne (z.B. den Verwaltungsbeirat) hierzu bevollmächtigen; dieser Bevollmächtigungsbeschluss bildet dann zusammen mit der Vollmachtsurkunde die Grundlage der Legitimation.

V. Beendigung von Verwalteramt und –vertrag

1. Die ordentliche Abberufung

Da die Abberufung, wie auch die Bestellung des Verwalters, gem. § 26 Abs. 1 S 1 WEG regelmäßig durch Beschluss der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung (zur Abberufung durch Umlaufbeschluss s. Fall 4) erfolgt, steht der Verwalter regelmäßig vor dem Problem, bei der Vorbereitung seiner eigenen Abberufung „mitwirken“ zu müssen (vgl. hierzu auch den „Hinweis“ in Anlage 1). Hierzu gehört insbesondere die Pflicht zur Einberufung einer Versammlung gem. § 24 Abs. 2 WEG (Fall 3). Ist der Verwalter der Ansicht, dass die von den Eigentümern gewünschte Abberufung unzulässig ist (z.B. gem. § 26 Abs. 1 S. 3 WEG; hierzu Fall 7), muss er die Abstimmung hierüber dennoch zulassen und ggf. seine Rechte im Anschluss daran gerichtlich durchsetzen (Anlage 1).

2. Die außerordentliche Abberufung

Die außerordentliche Verwalterabberufung wirft regelmäßig nicht nur materiell-rechtliche Frage auf (z.B. die nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes; hierzu Anlage 1), sondern führt auch zu komplizierten verfahrensrechtlichen Problemen, die sehr unterschiedliche Ursa-chen haben können (s. hierzu Fall 4 und die Entscheidung des KG in der Anlage 4).

3. Kündigung des Verwaltervertrages – die Abstraktheit von Amtsstellung und Vertrag

Zu den wichtigsten Konsequenzen der Trennungstheorie (s.o. II.1) gehört, dass die Abberufung des Verwalters aus dem Amt nicht automatisch auch zur Beendigung des Verwaltervertrages führt. Insbesondere sind Fälle denkbar (und in der Praxis gar nicht so selten) in denen zwar die ordentliche Abberufung aus dem Amt möglich ist, die Kündigung des auf bestimmte Zeit geschlossenen Vertrages aber nur aus wichtigem Grund erfolgen kann. Aus Sicht der Eigentümer kann es sich daher empfehlen, den Verwaltervertrag auflösend bedingt (§ 158 Abs. 2 BGB) auf die Beendigung der Amtsstellung abzuschließen.

4. Ansprüche des abberufenen Verwalters bei fortbestehendem Verwaltervertrag – die Bedeutung von § 326 Abs. 2 S. 2 BGB

5. Pflichten des Verwalters bei und nach Beendigung des Amtes

Insbesondere die Herausgabe der Verwaltungsunterlagen, auf die die Eigentümer gem. §§ 675, 667 BGB einen Anspruch haben (vgl. z.B. BayObLG, ZMR 2003, 438) und die Abrechnungserstellung (Fall 5) bilden oft den Gegenstand von „Auseinandersetzungsstreitigkeiten“ zwischen der Gemeinschaft und dem ausgeschiedenen Verwalter. Hier droht dem Verwalter in besonderem Maße die Auferlegung der Kosten gem. § 47 S. 2 WEG, wenn er seine Pflichten (Herausgabe bzw. Rechnungslegung gem. §§ 666, 259 BGB, über die aber grundsätzlich gem. § 28 Abs. 4 WEG vorab mehrheitlich beschlossen werden muss) schuldhaft nicht erfüllt, weil er den Eigentümern insofern Schadensersatz gem. § 280 BGB schuldet.

(vgl. hierzu BGH, NJW 1997, 2956 und NJW 1998, 755, 756; BayObLG, ZMR 2003, 278, 279).

 

VI. Einzelne Sonderprobleme

1. Übernahme der Erstverwaltung einer Wohnanlage

2. Mehrhausanlagen

3. Schwebende Gerichtsverfahren

 

ANLAGE 1

 

ENTSCHEIDUNG: BGH, Beschluss vom 20. Juni 2002 – V ZB 39/01 – ZMR 2002, 766 = NZM 2002, 788; kritisch M. Becker ZWE 2002, 567 und 2003,162

THEMA: Abberufung des Verwalters und Anfechtungsrecht; Unterscheidung zwischen Verwaltervertrag und Amtsstellung; Inhaltskontrolle des Vertrags

SACHVERHALT (stark verkürzt): Die bereits in der Teilungserklärung für fünf Jahre bestellte Verwalterin wurde „aus wichtigem Grund“ wegen angeblicher Pflichtversäumnisse vorzeitig (nach gut 2 Jahren) von den Eigentümern allstimmig abberufen und der Vertrag gekündigt. Diesen Beschluss ficht die Verwalterin fristgerecht an.

 

MERKSÄTZE:

1.) Zur Zulässigkeit des „Anfechtungsantrages“:

Nicht nur ein Wohnungseigentümer sondern auch der Verwalter kann einen Eigentümerbeschluss anfechten, wenn ihn der Beschluss in seinen subjektiven Rechten verletzt, was insbesondere bei einem unberechtigten Entzug des Amtes der Fall ist.

Nicht die Beschlussanfechtung, sondern ein Feststellungsantrag gem. §§ 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG, 256 ZPO ist zulässig, wenn der Verwalter die unberechtigte Kündigung des Verwaltervertrages rügt.

MERKE: Ob es sich bei dem Antrag des Verwalters um eine Anfechtung oder einen Feststellungsantrag handelt, wird das Gericht im Zweifel (wohlwollend) durch Auslegung ermitteln. Auch wenn § 23 Abs. 4 WEG grundsätzlich nicht für Feststellungsanträge gilt, sollte daher möglichst die Monatsfrist gewahrt werden.

2.) Trennung von Verwalteramt und –vertrag

Nach der herrschenden Trennungstheorie stehen Verwalteramt und Verwaltervertrag (= Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter) rechtlich selbständig nebeneinander und sind rechtlich zu unterscheiden.

MERKE: Ist der Verwalter in das Amt gewählt worden, ein Verwaltervertrag aber noch nicht zustande gekommen, so steht das der Amtsstellung nicht entgegen, was früher von zahlreichen OLG anders gesehen wurde.

3.) Zu den Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes:

Ein wichtiger Grund für die Abwahl/Kündigung des Vertrages ist dann gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter Beachtung aller – nicht notwendig vom Verwalter zu vertretender – Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere durch diese Umstände das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (so z.B. bei Vorstrafe des Geschäftsführers der Verwalterin wegen Vermögensdelikten;

vgl. OLG Schleswig, ZMR 2003, 295).

BEACHTE: Im konkreten Fall hatte die Verwalterin in der Gründungsphase der Gemeinschaft zahlreiche Pflichten verletzt, insbesondere die Abrechnung nicht rechtzeitig erstellt. Der BGH hielt dies für unschädlich, weil sich die einzelnen Pflichtverletzungen nicht als be-onders schwerwiegend erwiesen und die Eigentümer nicht auf deren Beseitigung drängten. Hierin liegt eine Besonderheit des entschiedenen Falls. Zu Fehlern bei der Abrechnungserstellung als wichtiger Grund für die Abwahl,

s. AG Hamburg, ZMR 2003,301.

4.) Amtszeit und Laufzeit des Verwaltervertrages

Es begegnet selbst dann keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn der Verwalter die Vertragslaufzeit in einer von ihm gestellten Klausel, die der Inhaltskontrolle nach den AGB-rechtlichen Bestimmungen (§§ 305 ff. BGB; früher AGBG) unterliegt, auf die gesetzliche Höchstdauer von fünf Jahren festlegt). § 26 Abs. 1 S. 2 WEG ist insoweit eine Sondervorschrift zu § 309 Nr. 9 Buchstabe a) BGB. 

MERKE: Die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB finden nach h.M. zwar nicht auf die Regelungen der Gemeinschaftsordnung Anwendung, wohl aber auf den Verwaltervertrag. Hier bilden sie oftmals „Fallstricke“ für den Verwalter (z.B. bei der Haftungsbeschränkung;

vgl. hierzu Sauren, FS Deckert, 427 ff.)

HINWEISE FÜR DEN VERWALTER: Sowohl die Abberufung als auch die Vertragskündigung müssen dem Verwalter zugehen, damit sie wirksam sind. Dies kann vor allem dann bedeutsam werden, wenn der Verwalter nicht selbst die Versammlung leitet und auch nicht an ihr teilnimmt.

Vor der Abberufung/Kündigung aus wichtigem Grund ist grundsätzlich eine Abmahnung erforderlich, es sei denn, diese ist ausnahmsweise (z.B. wegen der Schwere des Verstoßes) entbehrlich (vgl. auch § 314 BGB). Nimmt der Verwalter einen Beschluss über die Abmahnung nicht auf die Tagesordnung, obwohl er hierzu (z.B. analog § 24 Abs. 2 WEG) verpflichtet wäre, kann er sich nach Treu und Glauben später dann nicht auf die fehlende Abmahnung berufen. Insofern treffen den Verwalter Mitwirkungspflichten bei der Willensbildung der Eigentümer, auch wenn dies im Ergebnis zu seinen Lasten gehen sollte.

Da § 26 Abs. 1 WEG eine über 5 Jahre hinausgehende Verwalterbestellung verbietet, kann insbesondere beim Erstverwalter die Frage auftauchen, wann dessen Amtszeit begonnen hat. Spätestens mit Entstehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft beginnt die Amtszeit zu laufen. Dies setzt nach h.M. voraus: (1.) Übergabe mindestens einer Wohnung, (2.) Bestehen eines wirksamen Erwerbsvertrages und (3.) Eintragung einer Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers. Soll der Verwalter sein Amt schon früher beginnen, stellt sich die Frage, ob diese „Amtszeit“ auf die fünf Jahre anzurechnen ist, was m.E. durchaus der Fall sein kann.  

ANLAGE 2

 

ENTSCHEIDUNG: BGH, Beschluss vom 19. September 2002 – V ZB 30/02 – ZMR 2002, 930 = NJW 2002, 3704

THEMA: Anfechtung von Negativbeschlüssen; Abberufung des Verwalters und Kündigung des Verwaltervertrages; Umfang des Stimmverbots des Eigentümer-Verwalters; Stimmrechtsmissbrauch durch Majorisierung

 SACHVERHALT: Der Verwalter, der zugleich Eigentümer von 40 Wohnungen der insgesamt 90 WE ist, sollte zum Jahresende abgewählt und zugleich sein Verwaltervertrag gekündigt werden, was nach dem Wortlaut des Vertrages zulässig gewesen wäre. Auf der Versammlung sprachen sich 21 Eigentümer für die Abberufung/Kündigung aus und 58 Stimmen waren dagegen, wobei 40 Stimmen vom Eigentümer-Verwalter stammten. Dieser erklärte den Antrag daraufhin für gescheitert.

Zwei Eigentümer fochten den Beschluss an und beantragten zusätzlich, die Annahme des Abwahlantrages mit 21 zu 18 Stimmen festzustellen.  

MERKSÄTZE:

1.) Zur Anfechtung von Negativbeschlüssen:

Nach neuester Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH vom 23. August 2001, BGHZ 148, 335 = ZMR 2001, 809) hat auch ein ablehnender Beschluss die Qualität eines Beschlusses und kann daher grundsätzlich auch angefochten werden. Da die Feststellung des Beschlussergebnisses durch den Verwalter konstitutiv ist (BGH, a.a.O.), muss ein derartiger Negativbeschluss sogar in der Frist des § 23 Abs. 4 WEG angefochten werden, wenn ein Eigentümer mit Erfolg die Unrichtigkeit des Inhalts des festgestellten Beschlusses rügen will. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Anfechtung besteht, wenn der Eigentümer – wie hier – zugleich die Feststellung des zutreffenden Beschlussinhalts gerichtlich geltend macht.

MERKE: Der Verwalter ist es, der (zunächst) darüber entscheidet, ob ein Beschluss zustande gekommen ist oder nicht. Das bedeutet, dass er feststellen muss, wessen Stimme er bei der Auszählung berücksichtigt, was vor allem bei möglichem Rechtsmissbrauch schwierige Überlegungen voraussetzt. Der BGH gibt dem Verwalter daher die Möglichkeit, von einer Feststellung abzusehen und den Gerichtsweg zu beschreiten; ein entsprechender Antrag ist nicht fristgebunden (BGH, ZMR 2001, 809, 812 f.).

2.) Zum Stimmrecht des Eigentümer-Verwalters:

Aus § 25 Abs. 5 WEG kann nicht gefolgert werden, dass der Eigentümer-Verwalter allein deswegen von der Abstimmung ausgeschlossen ist, weil es um die Kündigung seines Verwaltervertrages geht. Vielmehr besteht ein Stimmrechtsausschluss nur dann, wenn die Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt.  

MERKE: Der BGH widerspricht damit der bislang h.M., die von einem Stimmverbot ausging, wenn über den Verwaltervertrag betreffende Angelegenheiten abgestimmt wird. Diese Erwägung dürfte grundsätzlich auch für den Abschluss des Verwaltervertrages gelten, so dass der Eigentümer-Verwalter auch hier in Zukunft nicht per se ausgeschlossen ist.

3.) Zum Stimmrecht bei Majorisierung der Gemeinschaft:

Allein die Tatsache, dass ein Eigentümer sein Stimmenübergewicht gegen alle anderen Eigentümer einsetzt, begründet keinen Rechtsmissbrauch. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die das Stimmverhalten als Pflichtverstoß gegen die Interessen der Gemeinschaft und damit als Verstoß gegen die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung erscheinen lassen, was z.B. bei der Verschaffung unangemessener Vorteile zugunsten des Mehrheitseigentümers der Fall sein kann.

MERKE: Der BGH stärkt mit dieser Entscheidung die Rechte des Mehrheitseigentümers. Der Verwalter muss in Zukunft bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses prüfen, ob ihm Gründe bekannt sind, die das Stimmverhalten als unzulässige Majorisierung erscheinen lassen.

4.) Zum Stimmrecht bei Abwahl aus wichtigem Grund:

Liegt ein wichtiger Grund für die Abwahl/Kündigung vor, so folgt aus einem in den §§ 712, 737 BGB, §§ 117, 127, 140 HGB verankerten allgemeinen Rechtsgedanken (nicht § 25 Abs. 5 WEG), dass der Betroffene selbst nicht mitstimmen darf.

Ist über die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund zu entscheiden, so ist nach Ansicht des BGH (ZMR 2002, 930, 935) der Versammlungsleiter berufen, über das Vorliegen eines wichtigen Grundes und damit über das Stimmrecht zu befinden.

 

ANMERKUNG: Dies kann m.E. dann nicht gelten, wenn die Tagesordnung ausdrücklich eine Abwahl/Kündigung aus wichtigem Grund vorsieht. Dann kann der Eigentümer-Verwalter lediglich im gerichtlichen Anfechtungsverfahren das Fehlen eines solchen rügen, nicht aber vom Versammlungsleiter, der er u.U. ja sogar selbst ist, zur Abstimmung zugelassen werden. Näher hierzu Häublein, ZMR 2003, 233, 236.

HINWEISE FÜR DEN VERWALTER: Insgesamt stärkt die Entscheidung die Rechte des Verwalters, was insbesondere für verwaltende Mehrheitseigentümer gilt. Jeder Verwalter sollte sie daher genau kennen. Der BGH überträgt aber auch eine Menge rechtlicher Aufgaben auf den Verwalter; der Umfang der möglichen hieraus resultierenden Haftungsquellen lässt sich gegenwärtig noch nicht verlässlich abschätzen.

Anlage 3

ENTSCHEIDUNG: OLG Hamm, Beschluss vom 19. Oktober 2000 –15 W 133/00 – ZMR 2001,138 = NZM 2001, 49

THEMA: Abschluss des Verwaltervertrages durch den Verwaltungsbeirat (VBR) – Umfang der Vertretungsmacht; zulässiger Inhalt des Verwaltervertrages

1. MERKSATZ: Haben die Eigentümer den VBR bevollmächtigt, mit dem Verwalter einen Vertrag abzuschließen, so wird diese Bevollmächtigung von der Rechtsprechung dahingehend ausgelegt, dass die inhaltliche Befugnis des VBR zur Ausgestaltung des Verwaltervertrages durch die Grundsätze einer ordnungsmäßigen Verwaltung beschränkt sind.  

2. MERKSATZ: Es entspricht den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn dem Verwalter Sondervergütungen für solche Leistungen gewährt werden, die über die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Befugnisse hinausgehen. Erbringt der Verwalter Architekten- und/oder Ingenieurleistungen, so bestehen keine Bedenken gegen ein nach der HOAI zu berechnendes Honorar. Gleiches gilt im Hinblick auf die Führung gerichtlicher Verfahren für die Gebührensätze der BRAGO.  

3. MERKSATZ: Die Erstattung von Fotokopierkosten entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie sich an folgenden Sätzen orientiert: 0,50 Euro je Seite für die Seiten 1-50 und 0,15 Euro je Seite ab der 51. Seite.

4. MERKSATZ: Die Beschränkung der Haftung des Verwalters auf die Fälle grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Schädigung der Eigentümer entspricht nicht den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung. Gleiches gilt für eine zeitliche Beschränkung der Haftung auf zwei Jahre nach Beendigung des Verwaltervertrages.

Folge: Enthält der vom VBR abgeschlossene Verwaltervertrag eine derartige Regelung, sind die übrigen Eigentümer an diese grundsätzlich nicht gebunden!

5. MERKSATZ: Regelungen, die das Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander betreffen, sind einem Beschluss oder einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer vorbehalten und gehören daher grundsätzlich nicht in den Verwaltervertrag (z.B. Verzugszinsen bei verspäteter Hausgeldzahlung).

Folge: Wie oben unter 4.  

ANLAGE 4

ENTSCHEIDUNG: KG, Beschluss vom 11. Juni 2003 – 24 W 77/03 -–ZWE 2003, 291

THEMA: Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund; Umfang der Ermächtigung des Verwalters zur gerichtlichen Vertretung der Eigentümer

SACHVERHALT: Eine Wohnungseigentümerin betreibt die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund und die Bestellung eines neuen. Ihr gerichtlicher Antrag wird dem Verwalter gem. § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG zugestellt. Der Verwalter beauftragt daraufhin ein Rechtsanwaltsbüro mit der Vertretung der übrigen Eigentümer. In der Teilungserklärung heißt es, der Verwalter sei befugt, die Eigentümer gerichtlich und außergerichtlich in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung zu vertreten.

Frage des Verfassers (hierüber hatte das KG nicht zu entscheiden): Darf der Verwalter den Vorschuss des Anwalts vom Gemeinschaftskonto bezahlen?

MERKSÄTZE:

Nach dem WEG ist der Verwalter nur in sehr beschränktem Umfang zur Vertretung der Wohnungseigentümer befugt (vgl. § 27 Abs. 1 und 2 WEG). Auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts bedarf der Ermächtigung der Wohnungseigentümer, die grundsätzlich durch gesonderten Beschluss, im Verwaltervertrag oder (wie hier) in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung erteilt werden kann. Jedoch umfasst die Ermächtigung zur Vertretung in „Angelegenheiten der laufenden Verwaltung“ ihrem Wortlaut nach nicht die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund.  

MERKE: Zur laufenden Verwaltung zählt nach Ansicht des Gerichts nicht die Abberufung des Verwalters aus wichtigem Grund.

Hinzu kommt, dass sich der Verwalter hier in einem Interessenkonflikt befindet, weil er ein Eigeninteresse an dem Ausgang des Rechtsstreits hat. In diesen Fällen bedarf es regelmäßig eines Zustellungsbevollmächtigten aus den Reihen der Eigentümer; der Verwalter kann insofern nicht als Bevollmächtigter auftreten. Allerdings kann die Eigentümergemeinschaft einen gesonderten Beschluss fassen, der den Verwalter trotz des Interessenkonflikts bevollmächtigt, die Interessen der übrigen Eigentümer mit wahrzunehmen und einen Anwalt zu beauftragen. Daran fehlte es hier jedoch.

 

MERKE: Da der Verwalter nicht ausdrücklich zur gerichtlichen Vertretung der Eigentümer auch in den Fällen einer Interessenkollision bevollmächtigt worden war, handelte er als Vertreter ohne Vertretungsmacht; vorbehaltlich einer Genehmigung durch die Eigentümer (zur Genehmigung der Anwaltsbeauftragung s. BayObLG, ZMR 2003, 362, 363) trägt er dann die Kosten des beauftragten Anwalts (§§ 177, 179 BGB). Eine Vollmacht zur Vertretung in solchen Fällen sollte nicht im Verwaltervertrag erteilt werden (Lies § 307 BGB !) sondern nur durch individuellen Beschluss zum konkreten Verfahren. 

Aufwendungsersatz Verwaltungsbeirat

Ist ein Beschluss, dass Verwaltungsbeiräte einen jährlichen finanziellen Verfügungsrahmen in einer bestimmten Höhe haben, rechtlich haltbar? Wenn ja, bis zu welcher Höhe darf sich der Verfügungsrahmen erstrecken? Rechtsprechungen?

Die Fragestellung nach dem jährlichen finanziellen Verfügungsrahmen von Verwaltungsbeiräten ist unklar. Ist damit der Aufwendungsersatz des Verwaltungsbeirates selbst gemeint oder aber die Ermächtigung des Verwaltungsbeirates bestimmte Aufträge für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu erteilen?

Ein Beschluss, durch den die Verwaltungsbeiräte einen jährlichen finanziellen Verfügungsrahmen in einer bestimmten Höhe erhalten, ist grundsätzlich rechtlich haltbar.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß § 29 Abs. 1 WEG die Kompetenz, durch Stimmenmehrheit die Bestellung eines Verwaltungsbeirates zu beschließen. Diese Beschlusskompetenz umfasst auch die Befugnis, Regelungen hinsichtlich des Aufwendungsersatzes zu treffen. Generell werden Verwaltungsbeiräte unentgeltlich tätig, so dass nur ein Aufwendungsersatz (Fahrtkosten, Seminarteilnahmen, Erwerb von Fachbüchern, Bewirtungsspesen) in Betracht kommt. Der Umfang hängt davon ab, ob es sich um eine kleinere oder größere Wohnanlage handelt.

Auch können Verwaltungsbeiräten durch Beschluss gewisse Verfügungsrahmen zur Hinzuziehung von Fachleuten (juristischer oder technischer Beistand) bzw. zur Auftragserteilung eingeräumt werden. Auch insoweit hängt die Zulässigkeit eines solchen Beschlusses von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Größe der Wohnanlage und des Beratungsbedarfes, ab. Beschlüsse, die die Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung überschreiten, sind im Übrigen nur anfechtbar und nicht nichtig (weil – wie vorstehend ausgeführt – Beschlusskompetenz besteht).

Aussagefähige Urteile, welche Beträge im Einzelnen angemessen sind oder nicht, liegen nicht vor. Als Auslagenpauschale sollte jedoch ein Betrag von EURO 500,– pro Beiratsmitglied und Jahr nicht überschritten werden. In Betracht kommen auch Gestaltungen, in denen der Verwaltungsbeirat als Gremium einen Gesamtbetrag (beispielsweise EURO 1.500,– pro Jahr) erhält, über dessen Aufstellung der Beirat intern entscheidet.

Quelle: ISTA