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Oft fällt es erst auf, wenn der Vertrag schon unterzeichnet ist: Die Wohnfläche stimmt nicht mit der Quadratmeterzahl überein, die im Miet- oder Kaufvertrag angegeben ist. Das kann für alle Beteiligte Konsequenzen haben. Denn neben der Miethöhe oder dem Kaufpreis beziehen sich auch die Nebenkosten und die Hausratsversicherung auf die Wohnfläche. Im schlimmsten Fall zahlen Betroffene für Wohnraum, der in der Realität nicht existiert. Nachmessen kann sich also in vielen Fällen lohnen – aber wie misst man die Wohnfläche richtig aus?
Die Wohnflächenberechnung ist komplexer, als viele vermuten. In Deutschland können nämlich für die Berechnung der Wohnfläche mehrere Methoden herangezogen werden – eine allgemeingültige Berechnungsmethode, die immer angewendet werden muss, gibt es nicht. Je nach Methode können dann auch die Ergebnisse ganz unterschiedlich ausfallen. Wer seine Wohnfläche ausmessen möchte, sollte daher die üblichen Verfahren kennen:
DIN-Norm 277: Die Flächenberechnung nach der DIN-Norm 277 bezieht sich auf Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau. Eigentlich eignet sich diese Norm weniger für die Berechnung von Wohnflächen – dennoch wenden Vermieter sie immer wieder an. Denn für Eigentümer ist die DIN 277 vorteilhaft, da sie ein größtmögliches Flächenergebnis erzielt. Sie bezieht beispielsweise Dachflächen, Balkone und Kellerräume vollständig ein. Besonders Dachgeschosswohnungen können so schnell viele Quadratmeter mehr Wohnfläche haben als bei anderen Berechnungsmethoden.
DIN-Norm 283: Obwohl der Gesetzgeber die DIN 283 im Jahr 1983 außer Kraft gesetzt hat, taucht die Berechnungsmethode in seltenen Fällen noch auf. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich zwei Parteien ausdrücklich für die Wohnflächenberechnung nach der DIN 283 entscheiden (BGH 23.05.2007 – VIII ZR 231/06). Im Gegensatz zu den anderen Berechnungsmethoden enthält die DIN 283 beispielsweise keine Regelungen für Garagen, Heizungsräume oder Terrassen.
Zweite Berechnungsverordnung: Bis zum 1. Januar 2004 orientierten sich Mietparteien und Eigentümer üblicherweise an der zweiten Berechnungsverordnung, wenn sie ihre Wohnfläche ausmessen wollten. Die Verordnung wird zwar seit 1. Januar 2004 für Neuberechnungen nicht mehr angewandt, ist in manchen Fällen aber noch gültig. Hat der Vermieter die Wohnung beispielsweise vor dem 31. Dezember 2003 nach der zweiten Berechnungsverordnung vermessen und sie seitdem baulich nicht verändert, gilt die Berechnung noch immer. Insbesondere Mieter älterer Wohnungen müssen daher aufpassen, wenn sie an der Größe ihrer Wohnung zweifeln. Messen sie nach, müssen sie die Regeln der alten Verordnung berücksichtigen.
Wohnflächenverordnung: Seit dem 1. Januar 2004 wird der Zollstock in der Praxis meistens nach den Vorgaben der Wohnflächenverordnung (WoFlV) angelegt. Offiziell betrifft die Wohnflächenverordnung öffentlich geförderten Wohnbau – doch im Streitfall berufen sich Gerichte auch bei frei finanziertem Wohnraum auf die Berechnungsmethode. Grundsätzlich bewertet sie nur den Teil der Grundfläche einer Wohnung, der zum Wohnen genutzt werden kann. Dabei geht sie relativ streng vor – Raumteile mit Dachschrägen bewertet sie beispielsweise nur teilweise, ebenso Balkone oder Terrassen. Im Ergebnis erzielt sie damit ein vergleichsweise geringes Flächenergebnis – was Vorteile für Mieter haben kann.
Wie stark sich die verschiedenen Berechnungsmethoden voneinander unterscheiden, zeigt beispielsweise ein Balkon. Die DIN 283 berücksichtigt die Fläche des Balkons gar nicht, laut Wohnflächenverordnung geht er mit 25 bis maximal 50 Prozent in die Berechnung ein. Die zweite Berechnungsverordnung wiederum zählt einen Balkon zur Hälfte zur Grundfläche und nach der DIN 277 geht er sogar mit der vollen Fläche in die Wohnflächenberechnung ein. Es wird deutlich: Bei der Bewertung einzelner Räume und Flächen gehen die Berechnungsmethoden ganz unterschiedlich vor – und liefern verschiedene Quadratmeterzahlen.
Gerade bei Mietwohnungen sollte daher grundsätzlich im Vertrag geregelt werden, welche Wohnflächenberechnungsmethode auf eine einzelne Wohnung angewendet werden soll. „Günstiger für den Mieter ist in aller Regel eine Berechnung nach Wohnflächenverordnung“, erklärt Mikio A. Frischhut, Rechtsanwalt und Experte auf dem Gebiet des Mietrechts aus Nürnberg. Die Mietparteien können aber genauso zum Beispiel eine Berechnung nach DIN 277 vereinbaren. „Ist im Mietvertrag nichts zur Wohnflächenberechnung geregelt, verweisen die Gerichte üblicherweise auf die Wohnflächenverordnung“, ergänzt Frischhut. Daher gilt die Wohnflächenverordnung seit 2004 als Berechnungsmethode erster Wahl.
Die Wohnflächenverordnung regelt genau, welche Räume und Flächen Mieter und Eigentümer bei der Wohnflächenberechnung in welchem Umfang berücksichtigen müssen. In die Berechnung gehen alle Räume ein, die zu einer Wohnung gehören. Dazu zählen Wohnräume wie Schlafzimmer, Esszimmer, Kinderzimmer und Wohnzimmer, Küche, Bad, Flure und Nebenräume wie Speisekammer oder Abstellräume. Für andere Räume und Flächen gelten Sonderregelungen:
Wintergarten und Schwimmbäder
Wenn Wintergärten und Schwimmbäder zu allen Seiten geschlossen sind, werden sie bei der Wohnflächenberechnung zur Hälfte einbezogen. Sind sie beheizt, geht ihre Fläche vollständig in die Wohnflächenberechnung ein.
Balkone und Dachterrassen
Balkone, Loggien, Dachgärten und Dachterrassen berücksichtigt die Wohnflächenberechnung zu einem Viertel. Ist eine Dachterrasse beispielsweise sehr hochwertig gestaltet, zählt im Einzelfall sogar die Hälfte ihrer Fläche zur Wohnfläche.
Keller und Garage
Zur Mietsache gehören laut Mietvertrag häufig ein Kellerabteil, eine Garage, aber auch gemeinsam im Haus genutzte Räume wie die Waschküche, Trocken- und Heizräume. Da sich diese jedoch außerhalb der Wohnung befinden, zählen sie nicht zur Wohnfläche.
Geschäftsräume
Gewerblich genutzte Räume gehören nach der WoflV nicht zur Wohnfläche.
Sonderfall Dachgeschosswohnungen
Wer in einer Dachgeschosswohnung lebt, hat aufgrund der Schrägen häufig eine geringere Fläche zur Verfügung. Dies wird in der Berechnung nach der Wohnflächenverordnung berücksichtigt. Erst ab einer Raumhöhe von zwei Metern geht die Wohnfläche vollständig in die Berechnung ein. Ist die Raumhöhe aufgrund der Dachschrägen niedriger als einen Meter, wird die Fläche nicht berücksichtigt. Alles dazwischen zählt zur Hälfte.
Verkleidungen und Leisten
Verkleidungen von Fenstern und Türen, Rahmenumrandungen, Fuß-, Sockel- und Schrammleisten müssen in die Berechnung einbezogen werden. Praktisch heißt das, dass der Zollstock oder der Laserentfernungsmesser oberhalb beziehungsweise neben den Verkleidungen und Leisten angesetzt werden müssen.
Öfen, Badewannen und Einbaumöbel
Zur Wohnfläche zählen ebenfalls der Untergrund von fest eigebauten Öfen, Herden, Badewannen oder Heiz- und Klimageräten. Die Fläche, die diese einnehmen, muss also nicht von der Gesamtfläche des Raumes abgezogen werden. Das gleiche gilt für Einbaumöbel, versetzbare Raumteiler und freiliegende Installationen wie beispielsweise Wasserboiler.
Nischen, Schornsteine und Treppen
Türnischen, Fenster- und offene Wandnischen die nicht bis zum Boden herunterreichen oder weniger als 13 Zentimeter tief sind sowie Treppen mit mehr als drei Stufen und deren Absätze müssen Mieter von der Wohnfläche abziehen. Das gleiche gilt für die Grundflächen von Schornsteinen, Vormauerungen, Bekleidungen, freistehenden Pfeilern und Säulen – sobald sie höher als 1,5 Meter sind und einen Flächeninhalt von mindestens 0,1 Quadratmeter haben.
Messen Mieter oder Eigentümer eine Wohnung aus, stoßen sie häufig an ihre Grenzen. Verwinkelte Räume, Schrammleisten oder Badewannen lassen sie verzweifeln. Mit diesen Tipps klappt die Berechnung der Wohnung:
Stimmt die gemessene Wohnungsgröße nicht mit den Angaben im Mietvertrag überein, kann das für Mieter und Eigentümer Konsequenzen haben. Entscheidend ist die Höhe der Abweichung. Dabei ist es laut Fachanwalt Frischhut unerheblich, ob im Vertrag ein konkreter Wert oder eine Circa-Angabe genannt wird.
Früher war die Rechtsprechung großzügig, wenn die Wohnungsgröße falsch angegeben war. Sowohl Mieter als auch Vermieter mussten eine Abweichung von bis zu zehn Prozent tolerieren. Für Mieterhöhungen hat das BGH 2015 diese Bagatellgrenze aber gekippt. Es zählt nun die tatsächliche Wohnungsgröße, nicht, was im Mietvertrag steht (BGH VIII ZR 266 / 14). Steht also eine Mieterhöhung an, lohnt es sich in jedem Fall nachzumessen – ist die Wohnung größer als im Mietvertrag angegeben, haben Vermieter möglicherweise die Chance, eine höhere Miete zu verlangen. Ist die Wohnung kleiner als im Mietvertrag angegeben, können sich Mieter unter Umständen gegen eine bevorstehende Mieterhöhung wehren.
Vermieter dürfen die Miete aber nicht beliebig erhöhen – sie müssen sich an bestimmte Vorschriften halten. Lesen Sie, worauf Vermieter achten müssen.
Generell gilt: Ist die Wohnfläche in der Realität kleiner, als im Mietvertag angegeben, stellt das einen Mangel dar. Mieter können dann unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Miete mindern: „Um die Miete mindern zu können, muss aber eine erhebliche Flächenabweichung vorliegen“, betont Frischhut. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege diese bei einer Abweichung ab mehr als zehn Prozent vor. Erst oberhalb der Zehn-Prozent-Grenze können Mieter die Miete um die Prozentzahl der Abweichung kürzen. „Ist eine Wohnung beispielsweise 20 Prozent kleiner als im Mietvertrag vereinbart, können Mieter die Miete in der Regel um 20 Prozent mindern“, erklärt Frischhut.
„Mieter haben in so einem Fall natürlich die Möglichkeit, die in der Vergangenheit zu viel bezahlte Miete zurückzufordern“, ergänzt Frischhut. Die Option besteht aber nur drei Jahre lang. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Mieter von der Flächenabweichung erfahren hat (BGH WuM 2007, 346).
Dieselbe Regelung betrifft auch die Nebenkosten. Sie beziehen sich häufig ebenfalls auf die Wohnungsgröße und können zu hoch angesetzt sein, wenn die Wohnfläche falsch angegeben ist. Mieter können sie dann ebenfalls mindern – und bereits viel gezahlte Nebenkosten der letzten drei Jahre zurückfordern.
Für Vermieter gilt diese Regelung umgekehrt nicht. Stellt sich heraus, dass die Wohnung in Wirklichkeit größer ist, als im Mietvertrag angegeben, können sie nicht nachträglich Geld vom Mieter einfordern.
Eine erhebliche Wohnflächenabweichung muss der Mieter nicht dulden. Um die Miete und die Nebenkosten herabzusetzen, muss er den Mangel aber beim Vermieter anzeigen. So gehen Mieter am besten vor.
Übrigens: Weicht die Wohnungsgröße um mehr als zehn Prozent vom vereinbarten Wert ab, können Mieter sogar fristlos kündigen.
Wer einen Neubau plant, benötigt genaue Angaben über die Wohnfläche des zukünftigen Hauses. Denn diese ist für die Baufinanzierung von großer Bedeutung. Anhand der Größe des Wohnraums kann die Bank beispielsweise die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens beurteilen.
Bei Gebrauchtimmobilien kann es sich ebenfalls lohnen, die Wohnfläche zu berechnen. Ist diese kleiner als die vertraglich vereinbarten Quadratmeterzahl, können Käufer einen Teil des Kaufpreises vom Verkäufer zurückverlangen. Die Höhe der Abweichung ist dabei unerheblich (OLG Saarbrücken, Urteil v. 1.12.2011, 8 U 450/10).
Grundsätzlich können Mieter ihre Wohnung selbst ausmessen und Rechte geltend machen. Denn „der Vermieter kann kein Gutachten verlangen“, betont Frischhut. Doch kommt es zum Streit zwischen den Mietparteien, müsse der Mieter die Flächenabweichung vor Gericht beweisen. Dann führt in der Regel kein Weg an einem Sachverständigengutachten vorbei. Für diesen Service müssen die Auftraggeber je nach Größe der Wohnung mit etwa 150 Euro aufwärts rechnen – dennoch lohnenswert, falls große Abweichungen bestehen.
Theresa Max
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