Gemeindehaftung – Wer kommt für Schäden auf?

Gemeindehaftung

Wer kommt für Schäden auf?

Straßenschäden (Quelle: SWR)

 

Schlaglöcher, Spurrillen, wuchernde Sträucher – wer mit offenen Augen durch die Städte geht, kann es an allen Ecken sehen: Der Zustand unserer Straßen und Wege wird immer schlechter. Die Kassen der Gemeinden sind leer. Wo früher saniert wurde, begnügt man sich mit oberflächlichen Ausbesserungen oder stellt einfach ein Warnschild auf.
Mehr und mehr sind die Folgen für den Bürger spürbar. Verbeulte Autos, gebrochene Knochen und dann noch die Auseinandersetzung mit den Behörden um die Frage der Haftung.


 

Auch die Stuttgarterin Monique T. machte diese unliebsame Erfahrung. Im Frühjahr 2003 schlendert sie mit ihrem Mann über die Königstraße. Gerade, als die beiden in eine Buchhandlung wollen, geschieht es. Kurz vor dem Eingang bleibt Monique T. mit dem rechten Fuß in einem zwölf Zentimeter tiefen Loch hängen und stürzt. Das Ehepaar holt daraufhin sofort die Polizei. Da das Loch allerdings genau vor einem Lokal liegt, will keiner für diesen Bereich der Fußgängerzone zuständig sein.
Verkehrssicherungspflicht
Auch Marie S. aus Denzlingen bei Freiburg erlitt einen ähnlichen Unfall auf einem öffentlichen Weg. Im Sommer 2001 war der Sturm "Willi" über Baden-Württemberg gefegt, an einem der darauf folgenden Tage geht Marie S. in die Stadt. Auf ihrer gewohnten Einkaufstrecke liegen Äste und nasses Laub. Trotz aller Vorsicht rutscht sie aus und schlägt mit dem Kopf auf den Bodenplatten auf. Schwere Verletzungen sind die Folge, noch heute kann Marie S. ihren linken Arm nur unter starken Schmerzen hochheben. Dies beeinträchtigt sie im täglichen Leben: Wäsche aufhängen ist ebenso unmöglich wie Tassen aus dem oberen Schrank zu nehmen, mit dem betroffenen Arm kann sich die Betroffene nicht einmal richtig kämmen. Sie ist auf Hilfe angewiesen. Für Schmerzen und Kosten verlangt sie Schadenersatz von der Gemeinde Denzlingen, die für Öffentliche Wege und Straßen die sogenannte Verkehrssicherungspflicht trägt. Dazu gehört, Straßen regelmäßig zu kontrollieren, Gefahrenquellen zu beseitigen oder zumindest vor ihnen zu warnen.
Leere Kassen
Im Fall von Monique T. trägt das Tiefbauamt der Stadt Stuttgart die Verkehrssicherungspflicht. Täglich sind dort mehrere Kontrolleure in der Innenstadt unterwegs, um Straßen regelmäßig zu überprüfen und Schäden zu protokollieren. Die Akten belegen: Die Unfallstelle wurde zuletzt am 15 Januar kontrolliert, also fast zwei Monate vor dem Vorfall. Normalerweise müsste ein solcher Schaden sofort ausgebessert werden. Doch die Bautrupps kommen kaum noch nach. Immer öfter werden nötige Reparaturen nicht durchgeführt. Der Stadt fehlen die Mittel.

Die Leitragenden sind Bürger wie Monique T.. Sie bleiben häufig auf ihrem Schaden sitzen. Solange nicht klar ist, wer letztendlich die Verantwortung für den Unfall übernehmen muss, stehen ihre Chancen auf Schadenersatz schlecht. Und auch Marie S. muss sich auf eine längere Auseinandersetzung mit der Stadt einstellen. In kompliziertem juristendeutsch gibt man ihr zu verstehen: Wer nicht aufpasst, ist selbst Schuld. Doch sie will ihr Recht durchsetzten, notfalls vor Gericht.

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