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von Ralf Schulze Steinen | 24.09.2014
Ein Beschluss, der eine dauerhafte, insbesondere von den Umständen des Einzelfalles losgelöste Redezeitbegrenzung in Wohnungseigentümerversammlungen vorsieht, ist mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht vereinbar und deshalb auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären.
Dies hat das Landgericht Frankfurt, Beschluss vom 05.06.2014, Az. 2-09 S 6/13 entschieden.
In dem zu entscheidenden Fall fassten die Miteigentümer einen Beschluss, nach dem in Wohnungseigentümerversammlungen eine Redezeitbegrenzung auf 3 Minuten für die einzelnen Wohnungseigentümer gelten soll.
Einer der Wohnungseigentümer war hiermit nicht einverstanden und erhob Anfechtungsklage.
Zu Recht?
Ja – das LG Frankfurt bestätigt die Auffassung der Vorinstanz, dass die dauerhafte Redezeitbegrenzung mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht in Einklang zu bringen sei.
1.
Zwar handle es sich um einen sog. Geschäftsordnungsbeschluss, welcher grundsätzlich nicht separat anfechtbar sei. Dies liege darin begründet, dass sich ein Geschäftsordnungsbeschluss im Regelfall mit Ablauf der Versammlung erledige und es daher an einem Rechtschutzbedürfnis für eine Anfechtung fehle.
2.
Um einen derartigen Beschluss handle es sich im vorliegenden Falle jedoch nicht.
Denn bei der insoweit gebotenen objektiv-normativen Auslegung des Beschlusses handle es sich im vorliegenden Fall nicht lediglich um einen Beschluss, bei welchem für die konkrete Versammlung eine Redezeitbeschränkung beschlossen werde, sondern vielmehr um eine generelle Redezeitbeschränkung auf 3 Minuten. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des angefochtenen Beschlusses, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen sei, dass die Redezeit eines Eigentümers für jeden Tagesordnungspunkt auf 3 Minuten beschränkt werde.
Eine Beschränkung auf die konkrete Versammlung sei ausdrücklich nicht vorgesehen.
Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergebe sich, dass es sich um eine generelle Regelung handle, denn es sei zugleich geregelt worden, dass die Aufnahme von Tagesordnungspunkten nur möglich sei, wenn der Antrag so zeitnah gestellt werde, dass die Ladungsfrist von 2 Wochen eingehalten werden könne. Ein derartiger Beschluss hätte für die konkrete Versammlung – bei der die Einladungsfrist bereits verstrichen war – keinen Sinn ergeben.
In dieser generellen Form erledige sich mithin der Beschluss nicht mit Ablauf der Versammlung, so dass er auch separat anfechtbar sei.
3.
Der Beschluss, der also eine generelle Redezeitbegrenzung auf 3 Minuten vorsehe, widerspreche den Grundsätzen ordnnungsgemäßer Verwaltung, weshalb ihn das Amtsgericht zu Recht für ungültig erklärt habe.
a.
Dabei könne dahinstehen, ob eine generelle Redezeitbegrenzung überhaupt zulässig sei und insoweit eine Beschlusskompetenz bestehe.
Ebenfalls könne im vorliegenden Fall dahinstehen, ob ausreichend Veranlassung für eine entsprechende Regelung bestanden habe. Denn insoweit wäre zumindest die konkrete Gefahr überlanger Sitzungen erforderlich, was im Regelfall entsprechende Erfahrungen in der Vergangenheit erfordere.
b.
Der Beschluss entspreche bereits deshalb nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil er generell und ohne jegliche Ausnahme eine feste Redezeitbegrenzung vorsehe.
Die Redezeit müsse sich aber an der Bedeutung der Materie und ihrer Komplexität orientieren und alle Wohnungseigentümer gleich behandeln. Dies erfordere es jedenfalls, dass in einer – wie hier – abstrakt generellen Regelung Ausnahmen für schwierige oder komplexe Themen vorgesehen seien. Auch möge darüber nachgedacht werden, ob nicht bei Versammlungen, bei denen von vorherein absehbar sei, dass sich die Versammlungsdauer auch ohne Redezeitbegrenzung im Rahmen des Zumutbaren halte, eine Abweichung von der Regelung vorzusehen sei.
Jedenfalls beeinträchtigt eine generelle Redezeitbrenzung, ohne das Ausnahmen vorgesehen seien, das Recht des einzelnen Wohnungseigentümers in einer Art und Weise, die nicht durch das Interesse der Eigentümer an einer zügigen und effektiven Durchführung der Versammlung gerechtfertigt sei.
Fazit:
Der Entscheidung ist zuzustimmen.
Die Wohnungseigentümerversammlung hat u. a. den Zweck, die Wohnungseigentümergemeinschaft betreffende Angelegenheiten gemeinsam zu erörtern, um dann verantwortungsvolle und richtige Entscheidungen treffen zu können. Das diesbezügliche Teilnahmerecht ist eines der elementaren Kernrechte eines jeden Wohnungseigentümers, zu dem auch das Rederecht gehört.
Das Rederecht besteht selbst dann, wenn der betreffende Wohnungseigentümer einem Stimmrechtsverbot nach § 25 Abs. 5 WEG unterliegt, es ist grundsätzlich großzügig zu handhaben. Nur ausnahmsweise kommt eine – einzelfallbezogene – Redezeitbegrenzung auf 3 – 10 Minuten in Betracht, namentlich dann, wenn hierfür sachliche Gründe vorliegen, insbesondere das Interesse an einer zügigen Durchführung der Wohnungseigentümerversammlung überwiegt.
Quelle: https://www.schneideranwaelte.de/
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