Nachschiebung von Tagesordnungspunkten

Leserbrief Nachschiebung von Tagesordnungspunkten:

Folgende Frage:

 

Ist es richtig, dass gemäß dem zitierten Beschlusses des HansOLG Hamburg, vom 5.2.1988, 2 W 67/85 die Ergänzung der Tagesordnung durch Nachtragseinladung grundsätzlich zulässig ist, auch wenn diese Einladung erst einen Tag vor der Versammlung eingeht und eine konkrete Beeinträchtigung nicht gegeben ist? Das kann doch nicht sein, denn dann könnten Eigentümer willkürlich z. B. auch größere Sanierungsmaßnahmen nachschieben. Der Gesetzgeber hat doch schon aus diesem Grund die Einladungsfrist auf 14 Tagen verlängert?

 

Anwort von RA. Fritsch:

Als beratendes Mitglied des BFW erlaube ich mir zu Ihrer Anfrage wie folgt Stellung zu nehmen:

 

Grundsätzlich, es sei denn es wäre ein Fall besonderer Dringlichkeit gegeben, ist die gesetzlich vorgesehene Einladungsfrist von 2 Wochen einzuhalten.

Die Wahrung der Einladungsfrist soll dem einzelnen Wohnungseigentümer Gelegenheit geben, sich mit den zur Beschlussfassung gem. Tagesordnung vorgesehenen Themen zu befassen und sich eine Meinung über sein Abstimmungsverhalten zu bilden, insbesondere sich auch zu entscheiden, ob eine Teilnahme an der Versammlung erfolgen soll oder nicht.

Die Nicht-Einhaltung der Ladungsfrist, etwa durch erst kurz vor oder erst in der Versammlung selbst angekündigte Ergänzung bzw. Erweiterung der Tagesordnung durch neue, nicht fristgerecht angekündigte Beschlussthemen, indiziert nach der Rechtsprechung grundsätzlich die Rechtswidrigkeit des Beschlusses.

Die eigentümerseits zitierte Entscheidung des HansOLG besagt nichts anderes, zumal zum Sachverhalt und zur Rechtslage nur die Ausführung ohne nähere Erläuterung gemacht wird, dass die in der Entscheidung II. Instanz geäußerte Rechtsauffassung des Landgerichts, wonach im konkret entschiedenen Fall eine Abkürzung der Ladungsfrist unschädlich gewesen sei, zutreffend gewesen sei.

Zutreffend ist zwar, dass ein rein formaler Mangel bei der Abhaltung einer Eigentümerversammlung, insbesondere die Nicht-Einhaltung der Ladungsfrist, nicht zwingend zur Ungültigerklärung darauf beruhender Beschlüsse führt, da zusätzlich hinzukommen muss, dass der formale Mangel kausal für die konkrete Beschlussfassung gewesen sein muss, indes kann dies nur im Einzelfall beurteilt werden und kann nicht verallgemeinert werden.

So kann im Falle der plötzlichen Aufnahme eines weiteren Beschlusspunktes jeder Wohnungseigentümer anfechten und zur Begründung z.B. anführen, dass er aufgrund der Kürze der Zeit nicht an der Versammlung teilnehmen konnte, da er sich nach der fristgerecht erhaltenen Tagesordnung dahingehend entschieden hat, nicht an der Versammlung teilzunehmen. Ferner kann z.B. angeführt werden, dass eine gehörige Befassung mit dem überraschend abgehandelten Thema nicht möglich war.

Insofern besteht im Falle einer nicht fristgerechten Ergänzung der Tagesordnung immer ein erhebliches Beschlussanfechtungs-, Prozess- und Kostenrisiko, weshalb von derartigen Vorgehensweisen dringend abgeraten werden muss.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Rüdiger Fritsch Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht

Web: www.krall-kalkum.de