Bezahlung per Scheck: Wann ist ein Skontoabzug zulässig?

Oberlandesgericht Stuttgart

Urteil

06. März 2012

10 U 102/11

BGB158 Abs. 1, § 397 Abs. 1
1. Der Auftraggeber ist nur dann zum Skontoabzug befugt, wenn er innerhalb der Skontofrist die berechtigte Forderung des Auftragnehmers in vollem Umfang befriedigt, wenn sich nicht aus der Skontovereinbarung etwas anderes ergibt.
2. Skonto kann gezogen werden, wenn die Versendung eines Verrechnungsschecks innerhalb der Skontierungsfrist erfolgt. Auf den Eingang des Verrechnungsschecks beim Auftragnehmer kommt es nicht an.
3. Zahlt der Auftraggeber auf eine Rechnung innerhalb der Skontierungsfrist nicht den fälligen Gesamtbetrag, hat er keinen Anspruch auf einen Skontoabzug. Das gilt auch, wenn der Fehlbetrag niedriger als 0,5% der fälligen Rechnungssumme ist.
OLG Stuttgart, Urteil vom 06.03.2012 – 10 U 102/11
Im Rechtsstreit

….

wegen Forderung

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2012 unter Mitwirkung von Vors. Richter am Oberlandesgericht Kober, Richter am Oberlandesgericht Rast, Richterin am Landgericht Heper

für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 07.08.2011 (27 O 144/11) werden zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten 94% und der Klägerin 6% zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Berufungsstreitwert: 8.594,20 Euro

Gründe:

I.

Die Klägerin macht als Nachunternehmerin gegenüber der Beklagten restlichen Werklohn aus einem Bauvertrag über Korrosionschutzarbeiten an einer Brücke geltend und stützt dies auf die ihrer Ansicht nach unberechtigten Skontoabzüge der Beklagten.

Dem Bauvertrag vom 05.03.2010 lagen das Verhandlungsprotokoll vom 22.02.2010 (Anlage B 1), das modifizierte Angebot der Klägerin vom 25.02.2010 (Anlage B 2) und die VOB/B zugrunde. In den unter Ziffer 8 der von der Beklagten gestellten Zahlungsbedingungen vereinbarten die Parteien unter Ziffer 8.2 und 8.3 des Verhandlungsprotokolls:

8.2 Abschlagzahlungen können dann, wenn kein abweichender Zahlungsplan vereinbart ist, nach Baufortschritt im Abstand von 30 Werktagen angefordert werden; sie werden mit 90% der erbrachten Leistung bezahlt.

8.3 Der Bieter gewährt bei allen Abschlagszahlungen innerhalb von 12 Werktagen und bei der Schlusszahlung innerhalb von 12 Werktagen nach Rechnungseingang jeweils 2% Skonto.

In Ziffer 8.3 wurden jeweils die Anzahl der Werktage (12) und der Skontosatz (2%) handschriftlich in das Formular eingetragen.
Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf das Urteil des Landgerichts Stuttgart – 27 O 144/11 – vom 01.08.2011 in Verbindung mit dem Beschluss über die Tatbestandsberichtigung vom 02.09.2011 verwiesen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 8.044,90 Euro einbehaltener Skonti zuzüglich Zinsen und vorgerichtlichen RA-Kosten an die Klägerin verurteilt. Die in Ziffer 8.3 des Verhandlungsprotokolls auch für Abschlagsrechnungen getroffene Skontoabrede führe nur hinsichtlich der ersten Abschlagszahlung zu einem berechtigten Skontoabzug in Höhe von 549,30 Euro. Insoweit sei die Skontofrist durch die rechtzeitige Absendung des Verrechnungsschecks über die gesamte Rechnungssumme abzüglich 2% Skonto gewahrt. Für die Rechtzeitigkeit der Zahlung sei die Vornahme der Leistungshandlung maßgeblich. Aus der im Anwendungsbereich der Zahlungsverzugsrichtlinie ergangenen Entscheidung der EuGH (Rs. C-306/06 vom 03.04.2008) ergebe sich nicht, dass es für die Einhaltung der Skontofrist auf den Zeitpunkt der Gutschrift bei der Auftragnehmerin ankomme.
Wegen unberechtigten Einbehalts aus der 3. Abschlagszahlung könne die Klägerin 2.678,16 Euro beanspruchen. Die Beklagte habe zwar rechtzeitig, aber nicht in der berechtigten Höhe bezahlt. Dabei könne dahinstehen, ob die mit 110.812,11 Euro abgerechnete Position 1.6.01 Mehraufwand Strahlen in vollem Umfang berechtigt sei, da die Beklagte diese Position ausweislich der geprüften, an die Klägerin übermittelten Abschlagsrechnung in Höhe von 25.000 Euro anerkannt habe, so dass unter Berücksichtigung vorausgegangener Zahlungen und berechtigter Skontoabzüge jedenfalls 134.489,40 Euro fällig gewesen seien, die Beklagte aber aufgrund eines Buchhaltungsversehens nur 133.907,70 Euro (abzüglich 2% Skonto), also 581,70 Euro zu wenig gezahlt habe. Sinn und Zweck des Skontos, den Zahlungsverkehr zu beschleunigen, das Kreditrisiko des Auftragnehmers zu vermindern und ihm Liquidität zuzuführen, werde am ehesten erfüllt, wenn der mit dem Skonto verbundene Teilerlass von der vollständigen Zahlung der berechtigten Forderung abhänge. Der Klauselwortlaut „alle Abschlagszahlungen“ zwinge nicht zu der Auslegung, dass auch unvollständige Abschlagszahlungen zum Skonto berechtigen.

Auch das Skonto in Höhe von 2.381,74 Euro aus der 6. Abschlagsrechnung habe die Beklagte unberechtigt einbehalten. Nach Abzug der strittigen, mit 3.284,33 Euro abgerechneten Position 1.6.24 (Schrammborde) wären aus der 6. Abschlagsrechnung unter Berücksichtigung der berechtigten Skontoabzüge der vorausgegangenen Abschlagszahlungen noch 119.774,89 Euro zu bezahlen gewesen. Die tatsächlich gezahlten 119.086,52 Euro (abzüglich 2% Skonto) blieben somit mindestens 688,37 Euro hinter dem geschuldeten Betrag zurück.
Die 7. Abschlagsrechnung sei nicht innerhalb der Skontierungsfrist bezahlt worden. Die auch hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Zahlungshandlung für den Fristbeginn (Datum des Rechnungszugangs) darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe nicht bewiesen, dass ihr die Rechnung trotz unstreitiger Einlage in ihr Postfach am 16.11.2010 erst am 17.11.2010 zugegangen sei. Die Skontierungsfrist sei deshalb nur bis einschließlich Donnerstag, den 30.11.2010, gelaufen. Da Postfächer dem Inhaber in der Regel wochentags innerhalb der üblichen Geschäftszeiten der Post AG zugänglich seien und geleert werden könnten, seien unter Berücksichtigung einer gebotenen generalisierenden Betrachtung innerhalb dieser Geschäftszeiten eingelegte Sendungen noch am selben Tag zugegangen. Die Inanspruchnahme des Hin+Weg Services sei eine individuelle Angelegenheit, die nicht zu einem späteren Zugang – am Tag nach der Einlegung ins Postfach – führen könne. Die Einlegung der Rechnung in das Postfach erst nach Ablauf der üblichen Geschäftszeiten sei fernliegend und so von der Beklagten nicht behauptet und jedenfalls nicht bewiesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagte, soweit sie verurteilt wurde, mit der Berufung und die Klägerin, soweit ihre Klage abgewiesen wurde, mit der Anschlussberufung.

Die Beklagte macht mit ihrer Berufung geltend, die Verurteilung zur Nachzahlung einbehaltener Skontoabzüge aus der 3. und 6. Abschlagsrechnung beruhe auf der unzutreffenden Rechtsauffassung des Landgerichts, der vereinbarte Skontoabzug sei nur zulässig, wenn der Auftraggeber dem Zahlungsverlangen des Auftragnehmers in vollem Umfang nachkomme. Skontoabreden seien ein Mittel zur Zahlungsbeschleunigung, die allein die schnelle, nicht die vollständige Zahlung belohne. Skonto könne bei tatsächlich geflossenen Zahlbeträgen in Anspruch genommen werden, wenn die Zahlung (gleich aus weichem Grund) hinter dem in Rechnung gestellten Betrag zurückbleibe.

Der Wortlaut der Klausel, wonach Skonto „… bei allen Abschlagszahlungen …“ im Falle fristgemäßer Zahlung vereinbart se, sei gemäß dem Urteil des OLG Hamm vom 07.02.1995 (NJW-RR 1995, 856) so auszulegen, dass tatsächlich alle innerhalb der Skontofrist geleisteten Zahlungen – gleich in welcher Höhe – auch mit Skontoabzug gezahlt werden können. Der bei der 3. Abschlagsrechnung tatsächlich fällige Betrag von 134.489,40 Euro liege nur ganz geringfügig aber dem von der Beklagten durch ein Buchhaltungsversehen mit lediglich 133.907,70 Euro als fällig angenommenen Betrages.
In gleicher Weise sei bei der 6. Abschlagszahlung die tatsächlich fällige Forderung von 119.774,89 Euro durch einen Fehler bei der Rechnungsprüfung mit einem geringfügig niedrigeren Betrag von 119.086,52 Euro als fällig anerkannt und mit berechtigtem Skontoabzug von 2%, entsprechend 2.381,74 Euro, fristgerecht bezahlt worden. Unabhängig davon sei der Skontoabzug ohne Rücksicht auf die Höhe der geleisteten Abschlagszahlung berechtigt.
Die 7. Abschlagsrechnung sei zwar am 16.11.2010 in das Postfach der Beklagten eingelegt, von der Deutschen Post AG mittels des HIN+WEG-Services aber erst am darauffolgenden Tag, am 17.11.2011, an die Beklagte in deren Geschäftsräumen angeliefert worden, so dass die Beklagte tatsächlich erst am 17.11.2007 hiervon Kenntnis erlangt habe. Damit sei die am 01.12.2010 veranlasste Zahlung noch rechtzeitig erfolgt. Für den Zugang im Sinne von § 130 Abs. 1 EGE komme es bei einem in ein Postfach eingelegten Schreiben auf den üblichen Abholtermin an. Dieser könne nicht gleichgesetzt werden mit den üblichen Geschäftszeiten der Deutschen Post AG, in denen Postfächer für den Inhaber zugänglich sind und geleert werden können. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Sendungen üblicherweise noch am selben Tag zur Kenntnis genommen werden, wenn sie innerhalb der üblichen Geschäftszeiten in das Postfach des Empfängers gelegt werden. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Sendung zu einer Uhrzeit ins Postfach eingeworfen worden sei, als unter gewöhnlichen Umständen noch mit einer Kenntnisnahme durch die Beklagte habe gerechnet werden können. Der Zugangszeitpunkt sei nach allgemeinen Grundsätzen von dem zu beweisen, der aus dem Zugang der Willenserklärung Rechte herleiten wolle. Dies sei die Klägerin, die aus ihrer 7. Abschlagsrechnung Werklohn beanspruche. Es sei deshalb von einem Zugang erst am 17.11.2010 auszugehen Die Zahlung am 01.12.2010 in Höhe von 146.265,03 Euro sei somit noch innerhalb der Skontofrist mit berechtigtem 2%-igem Skontoabzug von 2.985,00 Euro erfolgt.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 01.08.2011, Az. 27 O 144/11, wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen

und im Wege der Anschlussberufung,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 01.08.2011 zur Geschäftsnummer 27 O 144/11, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin über die zuerkannten 8.044,90 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2011 sowie weitere 311,85 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.04.2011 hinaus, an die Klägerin weitere 549,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt weiter,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anschlussberufung gegen die teilweise Klagabweisung wegen des vom Landgericht für berechtigt gehaltenen Skontoabzugs bei der 1. Abschlagszahlung. Der Skontoabzug sei zu Unrecht gewährt worden, da die Zahlung erst mehrere Tage nach Ablauf der Skontofrist auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben worden sei. Es sei im Sinne einer Vereinheitlichung der Auslegung des Begriffs der Rechtzeitigkeit einer Zahlung geboten, die Auslegung des EuGH zur Zahlungsverzugsrichtlinie, wonach auf die Gutschrift beim Empfänger abzustellen sei, auch bei der Frage Skontoberechtigung zugrunde zu legen. Ein Unternehmer, der mit der Skontierung auf einen nicht unerheblichen Teil seines Gewinns verzichte, gehe bei Vertragsschluss von aus, dass er innerhalb der Skontierungsfrist über den vollen (nach Skontoabzug) verbleibenden Rechnungsbetrag verfügen könne. Diese Auffassung sei auch dem Besteller/Auftraggeber klar und werde von ihm akzeptiert. Unsicherheiten für den Überweisenden über den Zeitpunkt des Zugangs seiner Zahlung könne dieser durch geeignete Mittel und Wege, z.B. Blitzüberweisungen, vermeiden.

Im Übrigen verteidigt die Klägerin das Urteil des Landgerichts. Teilzahlungen könnten keinesfalls zum Skontoabzug führen. Sie verweist darauf, dass es für den Unternehmer wichtig sei, Liquiditätsengpässe zu vermeiden, da er seine Werkleistung vorfinanzieren müsse und die Abschlagszahlungen ohnehin in der Regel durch hohe Sicherheitseinbehalte verringert seien. Der Besteller könne nicht durch Teilzahlungen die „Skontowohltat“ beanspruchen. Die Zahlung auf die 3. Abschlagsrechnung sei über den unstrittigen Betrag von 581,70 Euro hinaus in Höhe von über 80.000 Euro hinter der berechtigten, in vollem Umfang prüfbaren Abschlagsrechnung zurückgeblieben, was die Beklagte durch ihre späteren Zahlungen bestätigt habe.
In gleicher Weise sei auch die um mindestens 688,37 Euro zu gering erfolgte Teilzahlung auf die 6. Abschlagsrechnung nicht zu skontieren. Hinzukomme, dass auch die zusätzliche 3.284,33 Euro umfassende Position „Schrammborde“ mit Aufmaß prüfbar abgerechnet gewesen sei, wodurch sich der Fehlbetrag erhöhe.
Zu Recht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die 7. Abschlagsrechnung bereits mit deren Einlage in das Postfach der Beklagten in deren Verfügungsbereich gelangt sei. Das mit der Postabholung beauftragte Unternehmen habe den Postfachinhalt schon am frühen Morgen geleert, so dass damit regelmäßig nicht alle Sendungen am Tag ihrer Einlegung ins Postfach an die Postfachnutzerin weitergeleitet werden konnten. Durch diese frei gewählte Maßnahme sei für den Postfachnutzer der Zugang am Tag der Einlegung ins Postfach nicht beschränkt.

Die Beklagte verteidigt die von der Klägerin mit der Anschlussberufung angegriffene Klagabweisung betreffend den gewährten Skontoabzug bei der 1. Abschlagsrechnung. Eine Übertragung der Rechtsprechung des EuGH zum Zahlungsverzug auf Skontoabreden sei weder geboten noch mit dem durch den Wortlaut dokumentierten Parteiwillen in Einklang zu bringen.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig, jedoch jeweils unbegründet.

A) Berufung der Beklagten

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte restliche Werklohnansprüche in Höhe unberechtigt einbehaltener Skonti über 8.044,90 Euro zuzüglich aller weiteren erstinstanzlich zuerkannten Zinsen und Nebenforderungen zu.

1.
Die Parteien haben eine wirksame Skontovereinbarung geschlossen. Dabei handelt es sich um einen durch die fristgemäße Zahlung aufschiebend bedingten Teilerlass der Werklohnforderung nach den §§ 397 Abs. 1, 158 Abs. 1 BGB (s. BGH Urt. v. 11.02.1998, VIII ZR 287/97, NJW 1998, 1302; juris Rn. 7). Die vorliegende Regelung enthält insbesondere eine bestimmte, im Einzelfall unter Berücksichtigung der §§ 186ff BGB eindeutig festzustellende Skontofrist (12 Werktage), die vereinbarungsgemäß mit Rechnungseingang beim Auftraggeber beginnt, sowie klare Angaben zur Höhe – 2% der vertragsgemäß nach Bautenstand abgerechneten Abschlags- und Schlusszahlungen. Der Umstand, dass die Beklagte die Skontoregelung formularmäßig gestellt hat, steht der Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt der AGB-Inhaltskontrolle nicht entgegen. Die Skontoregelung führt zu keiner unangemessenen Benachteiligung der Auftragnehmerin nach § 307 BGB (vgl. BGH Urt. v. 25.01.1996, VII ZR 233/94; BauR 1996, 378; juris Rn. 24). Denn ihr wird als Ausgleich eine schnelle, gegenüber den Regelungen in § 16 Nr. 1 Abs. 3, Nr. 3 Abs. 1 VOB/B vorfällige, reibungslose Zahlung und damit rasche Liquidität gewährt. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot ist nicht ersichtlich. Die Gefahr von Missverständnissen hinsichtlich der Qualität der vorzulegenden Rechnungen besteht nicht. Denn durch die wirksame Vereinbarung der VOB/B ist klargestellt, dass Abschlagszahlungen erst nach Nachweis der Leistungen durch prüfbare Aufstellungen (§ 16 Nr. 1 S. 2 VOB/B) verlangt werden können und die Schlusszahlung eine prüfbare Abrechnung erfordert.

Der von der Beklagten bei der 3. und 6. Abschlagszahlung geltend gemachte Skontoabzug in Höhe von 2.381,74 Euro und 2.985,00 Euro war nicht berechtigt. Die Beklagte hat die 3. und 6. Abschlagsrechnung unstreitig nicht vollständig bezahlt. Sie hat jeweils nicht 98% der berechtigt verlangten Abschlagszahlungen gezahlt, sondern 98% von Beträgen, die bei der 3. Abschlagsrechnung um 581,70 Euro und bei der 6. Abschlagsrechnung – über den vom Landgericht zugrundegelegten Differenzbetrag 688,37 Euro hinausgehend – um insgesamt deutlich mehr als 3.000 Euro (s.u. unter c) zurückblieben.

a)
Der Auftraggeber ist nur dann zum Skontoabzug befugt, wenn er innerhalb der Skontofrist die berechtigte Forderung des Auftragnehmers in vollem Umfang befriedigt, wenn sich nicht aus der Skontovereinbarung etwas anderes ergibt (KG Urt. v. 12.12.2003 – 4 U 263/01; BauR 2005, 764 – Leitsatz; juris Rn. 37, 45f; OLG Düsseldorf Urt. v. 19.11.1999 – 22 U 90/99, BauR 2000; 729f, juris Rn. 3ff; Urt. v. 14.12.1982 – 21 U 102/82 -, BauR 1985, 333; Locher in Ingenstau/Korbion, 17. Aufl. 2010, VOB/B § 16 Abs. 5 Rn. 8f; Kandel in Ganten/Jagenburg/Motzke VOB/B, 2. Aufl. 2008, § 16 Nr. 5 Rn. 32; Nettesheim BB 1991, 1724ff; Stellmann/Isler ZfBR 2004, 633, 637). Ob die Voraussetzungen eines Skontoabzugs vorliegen, ist letztlich durch eine Auslegung der Skontovereinbarung zu klären. Der Wortlaut der Skontoklausel, wonach Skonto „bei allen Abschlagszahlungen“ gewährt wird, könnte zwar für sich gesehen dafür sprechen, dass jede Teilzahlung auf Abschlagsrechnungen – unabhängig von ihrer jeweiligen Höhe – zum Skontoabzug berechtigt. So hat das OLG Hamm eine Klausel, wonach „auf jede Abschlag- und Schlusszahlung“ ein Skonto-Nachlass gewährt werde, dahin ausgelegt, dass die Skontovereinbarung jedenfalls auch für nicht unerhebliche Teilzahlungen gelte (Urteil vom 07.02.1995 – 21 U 73/94; juris Rn. 6ff, NJW-RR 1995, 856).

Die vorliegende Klausel ist aber unter Berücksichtigung der weiteren Skontoregelungen bei systematischer Betrachtung so zu verstehen, dass die Skontoberechtigung nur für jede vollständig, in berechtigter Höhe bezahlte Abschlagszahlung gilt, auch wenn die Voraussetzungen für einen Skontoabzug nicht bei allen weiteren Abschlagszahlungen erfüllt sein müssen. Für diese Auslegung spricht die der Skontoklausel unmittelbar vorausgehende Regelung in Ziffer 8.2, in der festgelegt ist, dass der Auftragnehmer in bestimmten zeitlichen Abständen Abschlagszahlungen nach (nachgewiesenem) Baufortschritt in Höhe von 90% der erbrachten Leistung verlangen kann. Diese Vorgaben zu den inhaltlichen Voraussetzungen der Abschlagszahlungen machen keinen Sinn, wenn die Höhe der Abschläge zur Erlangung des Skontovorteils in das Belieben des Auftraggebers gestellt wäre.
Damit kommt zum Ausdruck, dass der Auftragnehmer einen für ihn mit erheblichen Gewinneinbußen verbundenen Skontoabzug nur einräumen will, wenn der Auftraggeber die angeforderte Abschlagszahlung im nachgewiesenen, tatsächlich geschuldeten Umfang vollständig bezahlt.

Ausnahmen von dem Erfordernis der vollständigen Bezahlung der geschuldeten Abschlagsforderung erscheinen nur dann gerechtfertigt, wenn der Auftraggeber in vertretbarer Weise der Meinung sein konnte, die Forderung falle wegen schwer abzuschätzender Gegenrechte niedriger aus, als letztlich vom Gericht zuerkannt. So wird man in Fällen, in denen z.B. der Umfang eines dem Grunde nach bestehenden Zurückbehaltungsrechts oder die Höhe von zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen unsicher sind, im Umfang nachvollziehbarer Fehleinschätzungen die Berechtigung eines Skontoabzugs gleichwohl bejahen müssen. So hat das OLG Karlsruhe in einem Fall, in dem sich die Parteien über einen mangelbedingten Schaden stritten, bei einem Einbehalt von etwa 2% der geltend gemachten Restforderung den Skontoabzug gewährt, obwohl letztlich ein gegenüber dem Mängeleinbehalt deutlich geringerer Minderungsbetrag zugrunde gelegt wurde (OLG Karlsruhe Urt. v. 17.07.1980 – 4 U 146/78, MDR 1980, 933f; juris Rn. 29ff).

So liegt der Fall aber hier nicht. Die Beklagte hat sich auf keine (schwer zu gewichtende) Zurückbehaltungsrechte wegen Leistungsmängeln berufen. Für diesen Fall würde nach der vorliegenden Regelung die Skontofrist nach Ziffer 8.3 Absatz 2 ohnehin erst mit Wegfall des Zückbehaltungsrechts zu laufen beginnen.
Die Beklagte ging nach ihren Angaben in einem Fall aufgrund eines Buchhaltungsfehlers und im anderen Fall aufgrund eines Fehlers bei der Rechnungsprüfung von zu geringen Abschlagsforderungen aus. Sachliche Gründe für diese Abzüge vermag sie nicht vorzutragen. Das ist ihr Risiko, da nach Sinn und Zweck der Skontoabrede nur die vollständige Zahlung der berechtigten Abschlagsforderung zum Skontoabzug berechtigt. Würde schon bei jedem größeren Zahlbetrag ein Skonto von 2% vom Werklohn abziehbar, so liefe die Auftragnehmerin Gefahr, auf einen erheblichen Gewinnanteil zu verzichten, ohne die Gewähr zu haben, verbleibende offene Restforderungen rasch durchsetzen zu können.

Die unstrittig von der Beklagten zu wenig gezahlten Beträge sind auch – absolut gesehen – nicht geringfügig. Die Festlegung einer Geringfügigkeitsgrenze, bis zu der beim Skontoabzug Minderbeträge noch hinzunehmen wären, müsste letztlich willkürlich erscheinen. Sie brächte die Gefahr mit sich, kleinere Vergütungsreste unbezahlt zu lassen in der vielfach begründeten Erwartung, dass der Auftragnehmer von der Durchsetzung des Forderungsrestes absieht, wodurch sein durch das Skonto bereits geschmälerter Gewinn weiter reduziert würde.
Die mit der 6. Abschlagsrechnung geltend gemachte Abschlagsforderung war zudem noch deutlich höher als vom Landgericht als Mindestbetrag festgestellt (s. unten zu c).

b)
Hinsichtlich der Höhe der 3. Abschlagsforderung greifen die von der Klägerin ergänzend zur Verteidigung ihres Zahlungsanspruchs erhobenen Darlegungen nicht durch.
Für den in der 3. Abschlagsrechnung (Anlage K 5, nach Bl. 34 d.A.) unter Pos. 1.6.01-Z abgerechneten „Mehraufwand Strahlen – 80%“ konnte der dort angesetzte Gesamtpreis von 110.812,11 Euro nicht in voller Höhe in die Abschlagsforderung einbezogen werden. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei diesen ursprünglich nicht beauftragten Zusatzarbeiten, die durch die Entfernung einer zunächst nicht erkannten „Walzhaut“ erforderlich wurden, um eine im modifizierten Angebot vom 25.02.2010 (Anl. B 2) noch nicht enthaltene Nachtragsposition handelt. Die Bemessung der Nachtragsvergütung für die geänderte bzw. zusätzliche, nach § 2 Nr. 5 bzw. Nr. 6 VOB/B zu entgeltende Leistung stand bei der Einreichung der 3. Abschlagsrechnung vom 14.07.2010 wegen der damals noch offenen Verhandlungen nicht fest. Sie wurde zwischen den Parteien erst im Anschluss an eine Nachtragsvereinbarung vom 07.09.2010 zwischen der Beklagten als Generalunternehmerin und der Hauptauftraggeberin, dem Staatlichen Bauamt Aschaffenburg, ausgehandelt (Anlage B 5, nach Bl 47). Die Mehrkostenanzeigen der Klägerin an die Beklagte vom 03. und 11.05.2010 (Anlagen K 8, K 9) und die Ermittlungen der Massen und des Mehrverbrauchs der Strahlmittel (Anlagen K10, K11) konnten deshalb im vorliegenden Fall die erhöhte Abschlagsforderung nicht begründen. Ausweislich des handschriftlichen Vermerks auf der geprüften 3. Abschlagsrechnung haben sich die Parteien darauf verständigt, bei der Abschlagsberechnung für den Nachtrag anstelle der berechneten 110.812,11 Euro vorläufig einen Betrag von 25.000,00 Euro anzusetzen. In den nachfolgenden Abschlagsrechnungen wurden diese Zusatzleistungen im Folgenden unter einer neuen Position 1.6.02 „Zulage Walzhaut und Zunder“ auf einer völlig anderen Basis abgerechnet.

Nach Abzug des vereinbarten Nachlasses von 3% (s. Anl. B 2), des Bareinbehalts von 10% bei Abschlagsrechnungen entsprechend Ziff. 8.2 des Verhandlungsprotokolls und unter Berücksichtigung der berechtigten Skontoabzüge bei den beiden vorausgegangenen Abschlagszahlungen verbleibt es damit bei der 3. Abschlagszahlung bei dem vom Landgericht zugrunde gelegten Differenzbetrag zu Lasten der Beklagten von 581,70 Euro. Dies ändert nichts an der Beurteilung, dass die Beklagte mit dieser Teilzahlung die Voraussetzungen für den Skontoabzug nicht erfüllt hat.

c)
Bei der 6. Abschlagsrechnung (Anlage K13, Bl 59ff d.A.) ist die berechtigte Abschlagsforderung höher als vom Landgericht angenommen. Das Landgericht hat bei seiner Berechnung die Position 1.6.2.24 „Schrammborde, Gehweg- & Fahrbahnstreifen Walzhaut“ mit einem Netto-Gesamtpreis von 3.284,79 Euro unberücksichtigt gelassen. Diese Leistungsposition ist bereits im modifizierten Angebot vom 25.02.2010 mit einem Einzelpreis von 39,81 Euro1m2 enthalten. In den der Beklagten schon mit der 5. Abschlagsrechnung vom 03.09.2010 (Anl. K13, Bl. 59 d.A.) übersandten Massenermittlungen – Stand 31.08.2010 (Anlagen K12, K14, Bl. 58, 62 d.A.) ist für diese Position die abgerechnete Fläche von 82,50 m2 nachprüfbar ausgewiesen.

Die Klägerin hat hinsichtlich der Leistungsposition 1.6.2.24 die erbrachten Leistungen im Rahmen einer prüfbaren Aufstellung gemäß § 16 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B nachgewiesen. Dabei sind die Anforderungen an eine prüfbare Aufstellung gegenüber jenen, die bei einer Schlussrechnung angesetzt werden (§ 14 Nr. 1 und 2 VOB/B), reduziert (BGH 9. 1. 1997, VII ZR 69196, NJW 1997, 1444). Da Abschlagszahlungen keine endgültige Abrechnung der berechneten Leistungen darstellen, reicht es aus, wenn die Aufstellung eine überschlägige Prüfung ermöglicht. Die Beklagte hatte anhand der übersandten Unterlagen die Möglichkeit, schnell und sicher zu beurteilen, welche Leistungen erbracht worden sind und welcher Vergütungsteil hierauf entfällt. Zwar lag der Aufstellung kein gemeinsames Aufmaß zugrunde. Das erscheint aber entbehrlich, da die Massen schon in der vorausgegangenen 5. Abschlagsrechnung ausgewiesen waren und auch in der nachfolgenden 7. Abschlagsrechnung fortgeschrieben wurden. Die Beklagte hat auf die 5. und 7. Abschlagsrechnung jeweils die daraus errechneten Beträge (nach Skontoabzug) ohne Einwände zur Forderungshöhe bezahlt.

Die 6. Abschlagsforderung war danach in Höhe von 123.059,22 Euro begründet. Ausgehend von der in der Rechnung ausgewiesenen, bis dahin erreichten Abrechnungsleistung von netto 612.533,06 Euro waren neben den effektiv geleisteten Zahlungen auf die vorausgegangenen Abschlagsrechnungen auch die berechtigten Skontoabzüge für die 1., 2., 4. und 5. Abschlagszahlung forderungsmindernd zu berücksichtigen. Statt 98% aus den berechtigten 123.059,22 Euro hat die Beklagte nur 98% aus 119.086,52 Euro fristgemäß bezahlt. Dieser Betrag blieb mit 3.972,70 Euro deutlich hinter dem geschuldeten zurück.

3.
Das Landgericht kam zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Beklagte bei der 7. Abschlagsrechnung nicht zum (für den Fall seiner Berechtigung der Höhe nach unstreitigen) Skontoabzug von 2.985,00 Euro befugt ist und insoweit die Vergütungsforderung der Klägerin nicht durch Teilerlass erloschen ist.

Der von der Klägerin der Beklagten mit der Skontogewährung aufschiebend bedingt – für den Fall der vollständigen Bezahlung innerhalb der festgelegten Frist – eingeräumte Preisnachlass setzt voraus, dass die Beklagte als Auftraggeberin die Zahlung rechtzeitig vornimmt. Es muss davon ausgegangen werden, dass der die Rechnung enthaltende, als Einwurfeinschreiben unstreitig am 16.11.2010 (Dienstag) in das Postfach der Beklagten eingelegte Brief (s. Postauslieferungsbeleg Anlage K 7, nach Bl. 31 d.A.) der Beklagten noch am selben Tag zuging, damit die für den Beginn der auf 12 Werktage bemessene Skontofrist gem. § 187 Abs. 1 BGB am 17.11.2010 zu laufen begann und mit Ablauf des 30.11.2010 (Mittwoch) endete. Die am 01.12.2010 erfolgte Zahlung der Beklagten durch Veranlassung der Überweisung war deshalb verspätet.

Die Erteilung einer (Abschlags-)Rechnung ist eine geschäftsähnliche Handlung, auf die die Vorschriften über Willenserklärung, namentlich auch über das Wirksamwerden (§ 130 BGB), entsprechend anwendbar sind (Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., 2012, Überblick Rn. 6 vor § 104; § 130, Rn. 3). Die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugebende Willenserklärung wird wirksam, sobald sie ihm zugeht. Zugegangen ist sie dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BGH Urt. v. 26.11.1997 – VIII ZR 22/97, BGHZ 137, 205, juris Rn. 14; BGH Urt. v. 21.01.2004 – XII ZR 214/00, NJW 2004, 1320, juris Rn. 13). Von diesem Grundsatz ist auch bei der Zusendung oder Zustellung einer Erklärung über ein Postschließfach auszugehen. Bei der Einlegung von Postsendungen in ein Postschließfach geht der Brief dem Inhaber an dem Tage zu, an dem nach der Verkehrsanschauung mit einer Abholung zu rechnen ist. Briefe, die in einem Postschließfach zur Abholung bereitgelegt werden, sind am Tag des Bereitlegens zugegangen, wenn sie nach der Verkehrsauffassung auch noch an diesem Tage abgeholt zu werden pflegen (BGH Beschl., 31.07.2003 – III ZR 353/02, NJW 2003, 3270f, juris Rn. 7; BVerwG Urt. v. 11.05.1960 V C 320.58; NJW 1960, 1587; juris Rn. 20). Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Auf eine verzögerte Leerung aus persönlichen, nicht durch die allgemeine Verkehrsanschauung oder nicht durch die normalen Geschäftsabläufe der Post bestimmte Umstände kann sich der Empfänger nicht berufen.

Dies bedeutet, dass allein mit dem Einlegen der Sendung ins Postfach noch nicht notwendig ein Zugang der Erklärung an die Beklagte verbunden ist. Ebenso wie beim Einwurf eines Briefes in einen Haus- oder Firmenbriefkasten am Abend oder am späteren Nachmittag – außerhalb der üblichen Postzustellungszeiten (vgl. BAG Urt. v. 08.12.1983 – 2 AZR 337/82 NJW 1984, 1651, juris Rn. 11ff; OLG Hamm Urt. v. 25.04.1994 – 8 U 188/93 NJW-RR 1995, 1187ff) oder zu Zeiten, an denen wie z.B. an Silvester nachmittags branchenüblich nicht gearbeitet wird (BGH Urt. v. 05.12.2007 – XII ZR 148/05; NJW 2008, 843; juris Rn. 9), wäre von einem Zugang erst am nächsten (Werk-)Tag auszugehen.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den HIN+WEG-Service der Deutschen Post AG in Anspruch genommen, wodurch die Post täglich einmal – nach Leerung des Postfachs 7 und 8 Uhr – zwischen morgens 8 und 9 Uhr bei der Beklagten angeliefert wird. Damit war im konkreten Fall nicht sichergestellt, dass nach 8 Uhr ins Postfach eingelegte Sendungen noch am selben Tag der Beklagten zur Kenntnis gebracht wurden. Die Inanspruchnahme des HIN+WEG-Services stellt aber eine spezifische Maßnahme der Beklagten zur Vereinfachung des Postverkehrs unter Einsparung eigener Personalressourcen dar. Die Beschränkung auf eine einmalige Postfachleerung zu Beginn der Geschäftszeit ist nicht typisch für die Nutzung von Postschließfächern, die dem Nutzer eine an die üblichen Briefverteilzeiten angepasste, gegebenenfalls mehrfache Postfachleerung und Entgegennahme der Sendungen ermöglicht. Eine allgemeine Verkehrsübung dahin, dass Postfächer schon am frühen Morgen, kurz nach Beginn der Geschäftszeiten der Postfiliale geleert werden, kann nicht festgestellt werden. Die Zustell- und Verteilzeiten der Deutschen Post sind durchaus erheblichen Schwankungen unterworfen. Da Postfachkunden, insbesondere große, auf rasche Kommunikation und zügige Übermittlung von Unterlagen angewiesene Unternehmen wie die Beklagte, regelmäßig an einer unverzüglichen Kenntnisnahme der aktuellen, an sie gerichteten Postsendungen interessiert sind, ist von einer üblichen Leerung des Postfachs einige Zeit nach Beginn der Geschäftszeit, im Anschluss an die jeweiligen Zustellzeiten auszugehen, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit möglichst alle an diesem Tag eingegangenen Sendungen auf die Postfächer verteilt sind. Bei Großkunden kann auch von mehrfachen Leerungen pro Tag ausgegangen werden.

Die Beklagte hat nicht dargelegt oder gar bewiesen, dass die Sendung der Klägerin mit der Rechnung am 16.11.2010 kurz vor oder nach Ablauf der Zugangszeit zu den Postfächern noch ins Postfach gelegt wurde, also zu einer Zeit, zu der unter normalen Umständen nicht mehr mit der Leerung des Postfachs gerechnet werden kann. Nur dann müsste von einem Zugang am nächsten Werktag ausgegangen werden. Feststellungen zur Uhrzeit der Einlegung des Briefs in das Postfach der Beklagten liegen nicht vor. Aus dem vorgelegten Auslieferungsbeleg (Anlage K 7) ergibt sich nicht, zu welcher Stunde am 16.11.2010 die Einwurf-Einschreibsendung ins Postfach der Beklagten gelegt wurde. Die auf dem Einlieferungsbeleg der Postfiliale in Hamburg ersichtliche Zeitangabe (15.11.10 16:40Uhr) lässt keine Rückschlüsse darauf zu, zu welcher Uhrzeit am 16.11.2011 die Sendung in Göppingen ins Postfach gelegt wurde.

Für die Darlegung und den Nachweis der Umstände, dass die Sendung zu einer Zeit ins Postfach gelegt wurde, zu der nach der Verkehrsanschauung nicht mehr mit der Leerung des Postfachs zu rechnen war, ist die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet. Denn der Auftraggeber, der einen vereinbarten Skontoabzug vornehmen will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtzeitigkeit seiner Zahlung und damit auch für den Beginn der Skontierungsfrist, also auch für den Zeitpunkt des Rechnungszugangs (BGH Urt. v. 11.02.1998 – VIII ZR 287/97, WM 1998, 658, juris 7; OLG Düsseldorf Urt. v. 08.09.2000 – 22 U 25/00, BauR 2001, 1268ff, juris Rn. 8; Kessen in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 2009, § 632 BGB Rn. 8). Bei dieser Beweislastverteilung bleibt es, auch wenn wie hier die Klägerin ihren restlichen Werklohnanspruch geltend macht, dessen Höhe unstrittig ist und allein über die Berechtigung zum Skontoabzug gestritten wird.

B) Anschlussberufung der Klägerin

Bei der 1. Abschlagszahlung ist die Beklagte zum Skontoabzug von 549,30 Euro berechtigt. Insoweit ist der Werklohnanspruch der Klägerin erloschen.

a)
Nach Eingang der 1. Abschlagsrechnung bei der Beklagten am 05.05.2010 (Mittwoch) hat die Beklagte rechtzeitig dadurch Zahlung geleistet, dass sie den von der Klägerin akzeptierten Verrechnungsscheck am 19.05.2010 (Mittwoch) zur Post gab und dieser sodann nach Einlösung am 25.05.2010 gutgeschrieben wurde. Die Skontofrist von 12 Werktagen endete mit Ablauf des 19.05.2010. Der Tag des Rechnungszugangs (05.05.2010) ist gemäß § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung der Frist nicht mitzurechnen. Gleiches gilt für den Fronleichnamstag (13.05.2010) als gesetzlicher Feiertag in Baden-Württemberg. Maßgeblich sind die Verhältnisse in Baden-Württemberg. Denn der Leistungsort, an dem die Zahlung auszuführen war, war gem. § 270 Abs. 4 i.V.m. § 269 Abs.1 BGB, Göppingen.

b)
Nach Ansicht des Senats kommt es für die Rechtzeitigkeit der vorliegenden Scheckzahlung innerhalb einer vereinbarten Skontofrist auf die Veranlassung der Zahlung durch den Auftraggeber/Schuldner (Zahlungshandlung) und nicht auf die Gutschrift auf dem Konto des Auftragnehmers/Gläubigers (Zahlungserfolg) an.

Im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 03.04.2008, Rs. C-306/06 (NJW 2008, 1935f, juris Rn. 23ff) ist diese zuvor einhellige Rechtsansicht (vgl. BGH Urteil vom 11.02.1998 – VIII ZR 287/97, BauR 1998, 398, juris Rn. 8ff) vereinzelt in Zweifel gezogen worden. Nach dieser EuGH-Entscheidung ist Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Ziffer ii der Zahlungsverzugsrichtlinie (Richtlinie 2000/35/EG), wonach der Gläubiger berechtigt ist, bei Zahlungsverzug Zinsen insoweit geltend zu machen, als er … den fälligen Betrag nicht rechtzeitig erhalten hat, es sei denn, dass der Schuldner für die Verzögerung nicht verantwortlich ist, dahin auszulegen, dass bei einer Zahlung durch Banküberweisung der geschuldete Betrag dem Konto des Gläubigers rechtzeitig gutgeschrieben sein muss, wenn das Entstehen von Verzugszinsen vermieden oder beendet werden soll. Es wird verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass angesichts dieser EuGH-Entscheidung bei Geldschulden die Maßgeblichkeit der Gutschrift für die Rechtzeitigkeit einer Zahlung nicht nur bei Banküberweisungen sondern bei allen Arten der Geldübermittlung gelte und schon de lege lata die Geldschuld entgegen ihrer bisherigen Einordnung als qualifizierte Schickschuld nun umfassend als modifizierte Bringschuld zu verstehen sei (Grüneberg in Palandt, BGB 71. Aufl. 2012, § 270, Rn. 1, 5f; Herresthal, ZGS 2008, 259ff; Gsell, GPR 2008, 165f1). Dabei wird insbesondere die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung des § 270 BGB im Sinne einer stimmigen einheitlichen Systematik hervorgehoben: die Rechtzeitigkeit der Leistung müsse bei allen Verzugsfolgen nach den gleichen Kriterien beurteilt werden. Locher (in Ingenstau/Korbion, 17. Aufl. 2010, VOB/B § 16 Abs. 5; Rn. 14f) will aufgrund des EuGH-Urteils nur bei Überweisungen für die Rechtzeitigkeit der Zahlung bei Skontoabzügen auf die Gutschrift beim Auftragnehmer abstellen, während es bei Scheckzahlungen auf die Ausführung der Zahlungshandlung, also im Fall einer Scheckübersendung auf den Zeitpunkt der Übergabe zur Beförderung ankomme.

c)
Das Urteil des EuGH zur Zahlungsverzugsrichtlinie rechtfertigt keine Änderung der Rechtsprechung zur Rechtzeitigkeit einer Zahlung bei Skontovereinbarungen. Während die Verzugsfolgen kraft Gesetzes als Sanktion für verschuldensabhängig verspätete Zahlungen eintreten, sind Skontabzüge nur aufgrund einer vertraglichen, von den Parteien im Einzelfall näher auszugestaltenden Skontoabrede möglich. Beim Skonto geht es – anders als bei der von der Zahlungsverzugsrichtlinie gesetzlich geregelten Belastung mit Verzugszinsen – um eine Preisreduzierung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung. Der von der Zahlungsverzugsrichtlinie umfasste Regelungsbereich ist bei Skontoabzügen nicht berührt (s. auch Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 4. Auflage, 2008, Rn. 2612). Die Vertragspartner haben es in der Hand, die Bedingungen für den als Skonto gewährten Teilerlass näher auszugestalten. Es besteht kein Anlass, die Rechtzeitigkeit der Zahlung einheitlich mit der Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers/Auftraggebers zu verknüpfen. Mit der vom Auftraggeber in Anspruch genommenen Skontoabrede „erkauft“ sich der Auftragnehmer gegen einen Teilerlass seiner Vergütungsforderung eine beschleunigte Zahlung sowie die Sicherung und den reibungslosen Erhalt der Gegenleistung. Diesen Interessen kann schon dadurch Rechnung getragen werden, dass der die Vergütung schuldende Auftraggeber innerhalb der Skontofrist die erforderliche Leistungshandlung vornimmt. Dabei muss es den Vertragspartnern überlassen bleiben zu vereinbaren, wann eine Zahlung rechtzeitig erfolgt sein soll. Scheckzahlungen waren vorliegend nicht ausgeschlossen, sondern wurden von der Klägerin akzeptiert. Es erscheint auch interessengerecht, die Rechtzeitigkeit einer Scheckzahlung nicht von der Gutschrift abhängig zu machen, da es der Auftraggeber nicht in der Hand hat, wann der Auftragnehmer den ihm zugesandten Scheck bei seiner Bank einlöst und wann und zu welchen Bedingungen der Betrag dem Konto des Auftragnehmers gutgeschrieben wird.

Der BGH hatte in seinem Urteil vom 11.02.1998 – VIII ZR 287/97 (BauR 1998, 398, juris Rn. KO entschieden, dass für die Rechtzeitigkeit die noch innerhalb der Skontofrist erfolgte Absendung eines Verrechnungsschecks ausreiche. Bei Erfüllung einer Geldschuld mittels Scheck komme es für die Rechtzeitigkeit der Leistung auf den Zeitpunkt der Leistungshandlung, nicht auf den des Leistungserfolgs an. Nach § 270 BGB habe der Schuldner zwar das Geld im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln, gleichwohl bleibe der Leistungsort nach § 269 Abs. 1 BGB der Wohnort des Schuldners, § 270 Abs. 4 BGB (ebenso: OLG Düsseldorf Urt. v. 19.11.1999 – 22 U 90/99, BauR 2000, 729, juris Rn. 3; OLG Saarbrücken Urt. v. 02.08.1997 – 1 U 14/97, OLGR 1998, 73, juris Rn. 14; a.A. OLG Düsseldorf Urt. v. 30.06.1992 – 23 U 220/91, BauR 1992, 678; juris Rn. 10). Eine Abkehr von dieser Linie in der BGH-Rechtsprechung ist nicht erkennbar. In einer Entscheidung vom 26.02.2009 – also gut 10 Monate nach dem EuGH-Urteil – hat der BGH (Az VII ZR 73/08, BauR 2009, 974ff, juris Rn. 11) in einem Rechtsstreit wegen restlichen Werklohns und geltend gemachten Skontoabzügen im Grundsatz daran festgehalten, dass der Schuldner bereits mit der vereinbarungsgemäßen Erteilung einer Einziehungsermächtigung das zur Erfüllung seiner Schuld Erforderliche getan habe, wenn sein Konto die notwendige Deckung aufweise. Im Regelfall übernehme der Gläubiger die Verantwortung für die rechtzeitige Zahlung und das damit verbundene Risiko. Er hat lediglich wegen des zu beurteilenden Sonderfalles, in dem die Vereinbarung einer Lastschrift allein der Sicherung des Auftraggebers diente, weil dieser so eine eventuelle Doppelbelastung aufgrund einer Bürgschaft durch Widerruf der Lastschrift vermeiden konnte, eine rechtzeitige Zahlung und damit einen Skontoabzug verneint.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor.

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