WEG-Recht: Macht ein schlechter Verwaltervertrag die Bestellung kaputt?

 

 

Ein Verwaltervertrag ist keine Voraussetzung für eine Bestellung. Dennoch wird die Auswahl des zu bestellenden Verwalters inhaltlich wesentlich durch die wirtschaftlichen Eckpunkte des Verwaltervertrages (Laufzeit, Vergütung) bestimmt. Insofern gibt es also nicht nur Berührungspunkte zwischen Amt und Vertrag, sondern Verflechtungen. Welche Folgen sich aus dieser inhaltlichen Verknüpfung ergeben, hat der Bundesgerichtshof (BGH) bisher ausdrücklich dahinstehen lassen (siehe Rn 12 des Urteils vom 22.06.2012 – V ZR 190/11). Die Revision zum BGH wurde hinsichtlich dieser Frage soweit ersichtlich bislang von keinem Landgericht zugelassen. Auch das Landgericht Hamburg hat in einem Urteil vom 05.11.2014 – 318 S 47/14 von einer Revisionszulassung abgesehen.

Der Fall

In der Eigentümerversammlung vom 16.04.2013 fassten die Eigentümer zum TOP „Wiederbestellung des Verwalters ab 01.01.2014 auf Basis des beigefügten Vertragsvorschlags (siehe Anlage)“ wie folgt: „Der Vertrag mit dem Verwalter wird für die Dauer von 5 Jahren ab 01.01.2014 fortgesetzt. Der der Einladung beigefügte Verwaltervertrag wird beschlossen. Der Verwaltungsbeirat wird bevollmächtigt, den neuen Verwaltervertrag für die Gemeinschaft gegenzuzeichnen.“

Der Kläger hatte die Wiederbestellung angefochten, seine Klage aber ausschließlich damit begründet, dass – was rechtlich zutraf – mehrere Bestimmungen im Verwaltervertrag – einem vom Verwalter verwendeten Mustervertrag – im Hinblick auf die §§ 305 ff. BGB (= AGB-Kontrolle) unwirksam seien. Bei diesen Vertragsklauseln handelte es sich nicht um wesentliche Vertragsbestandteile, sondern um Nebenregelungen (generelle Vollmacht des Verwalters zum Abschluss und zur Kündigung von Verträgen; Vorsitz des Verwalters in der Eigentümerversammlung; Haftungsbegrenzung bei Ladungsmängeln; Sondervergütungen für außerplanmäßige Eigentümerversammlungen, gerichtliche Verfahrensbetreuung und Umlaufbeschlüsse; Mahngebühr von EUR 10,00 netto bei Hausgeldverzug). Gegen die Person des Verwalters erhob der Kläger keine Einwände, ebenso wenig gegen Laufzeit, Höhe der Grundvergütung und andere im Vertrag vorgesehene Sondervergütungen. Das Amtsgericht gab der Klage statt. Die Beklagten gingen in Berufung und verloren.

Die Entscheidung

Das Landgericht Hamburg ist der Meinung, dass eine Mehrzahl rechtswidriger Klauseln im Verwaltervertrag ausreichten, um nicht nur den Beschluss über die Billigung des Verwaltervertrages analog § 139 BGB insgesamt für ungültig zu erklären, sondern darüber hinaus erneut analog § 139 BGB auch die (Wieder-)Bestellung des Verwalters für ungültig zu erklären. Das Landgericht stützt seine Auffassung auf § 139 BGB (analog). Darin heißt es: „Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.“ Diese Vorschrift findet auf Eigentümerbeschlüsse analoge Anwendung. Nach Ansicht des Landgerichts enthielte der Beschluss zwar inhaltlich zwei selbständige Regelungen (Bestellung, Vertrag). Gleichwohl seien aber beide in einem einheitlichen Beschluss getroffen, so dass der Beschluss insgesamt nichtig sei, weil nichts dafür ersichtlich sei, dass die Mehrheit den Verwalter auch ohne den Verwaltervertrag hätte wieder bestellen wollen. Nur ausnahmsweise könne ein Beschluss über die Verwalterbestellung trotz Ungültigkeit des Beschlusses über den Abschluss eines Verwaltervertrages gültig bleiben, wenn anzunehmen sei, dass die Verwalterbestellung auch ohne den nichtigen Teil beschlossen worden wäre (Verweis auf OLG Köln 04.01.2007 – 16 Wx 232/06 ZMR 2008, 70).

Leider geht das Landgericht Hamburg nicht darauf ein, dass nach prominenter Ansicht im Schrifttum § 139 BGB keine Anwendung findet, wenn Bestellung und Vertrag in einem Beschluss zusammengefasst sind (Merle in Bärmann WEG 12. Auflage § 23 Rn. 166 gegen OLG Köln ZMR 2008, 70). Ebenfalls schade ist, dass das Landgericht nicht darauf eingeht, dass nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum eine isolierte Bestellung des Verwalters ohne gleichzeitige Regelung von Elementen eines Verwaltervertrages in der Regel nicht ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht und nicht einmal die wichtigsten Elemente des Verwaltervertrages, nämlich Vertragsdauer und Verwaltervergütung, bei der Bestellung mit beschlossen werden müssen (Bärmann/Merle § 26 Rn. 51; LG Karlsruhe, ZWE 2011, 369; Jennißen/Jennißen, WEG 3. Auflage, § 26 Rn. 34; offen gelassen von LG Lüneburg ZWE 2012, 281, 282 unter Hinweis auf die umstrittene Rechtslage).

Fazit für den Verwalter

Um unerwünschte Ergebnisse hinsichtlich der eigenen Wiederbestellung zu vermeiden, sollte der Verwalter für Wiederbestellung und Abschluss/ Verlängerung des Verwaltervertrages zwei getrennte TOPe vorsehen und die Eigentümer getrennt abstimmen lassen. Auf diese Weise kann deutlich gemacht werden, dass bzw. ob die Wohnungseigentümer den Verwalter unabhängig vom Vertragsinhalt wieder bestellen wollen oder ob die Wiederbestellung nur auf Basis eines einwandfreien Verwaltervertrages gewollt ist. Diese Vorsichtsmaßnahme sollte zumindest solange ergriffen werden wie der Bundesgerichtshof die oben skizzierte Streitfrage noch nicht geklärt hat.

Dr. Jan-Hendrik Schmidt
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt