Sondervergütung des Verwalters – BGH-Urteil vom 11.6.2021

1.
Mit dem aktuellen Urteil des BGH vom 11.06.2021 hat er seine bisherige Rechtsprechung (sogenanntes „Baukastensystem“, Urteil vom 05.07.2019 = V ZR 278/19) weiter verfeinert und konkretisiert, insbesondere im Hinblick auf bestimmte Sondervergütungen:

– Durchführung einer – über die ordentliche Jahreshauptversammlung hinausgehenden – weiteren Eigentümerversammlung mit einer Zusatzvergütung von 700,00 € (bei einer Wohnanlage mit 70 Einheiten). Grundsätzlich zulässig; allerdings mit dem Hinweis des BGH darauf, dass möglicherweise eine Kollision mit dem Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen vorliegt, wenn die Vergütungsklausel nicht die Einschränkung enthält, dass zusätzliche Eigentümerversammlungen, deren Durchführung der Verwalter zu vertreten hat, nicht gesondert zu vergüten sind.

 Zusatzvergütung für die „kaufmännische Betreuung von größeren Modernisierung- und Sanierungsmaßnahmen“ mit Gesamtkosten von mehr als 10.000,00 € in Höhe von 4 % der Bruttobausumme bzw. 2 % der Bruttobausumme (wenn ein externer Ingenieur bzw. Architekt mit der Bauleitung beauftragt wird). Die Vergütungsvereinbarung muss keine Obergrenze enthalten (wie dies etwa noch vom Amtsgericht Düsseldorf im Urteil vom 29.05.2019 = 292a C 30/18 vertreten wurde).

 Abwicklung von Versicherungsschäden mit einer Zusatzvergütung von 4 % der Schadenssumme, maximal 5.000,00 € pro Jahr, wenn (auch) Sondereigentum betroffen ist; abzüglich der vom Versicherer unter Umständen übernommenen Regiekosten.

 Sondervergütung für „sämtliche Tätigkeiten bei gerichtlichen Auseinander-setzungen“ mit einem Stundensatz von 75,00 € zzgl. Auslagen für Kopien und Porto.

2.
Des Weiteren hat der BGH in diesem Urteil entschieden, dass es nicht gegen ordnungsmäßige Verwaltung verstößt, wenn die Eigentümer dem Verwalter die Entscheidungskompetenz über Instandhaltungsmaßnahmen und deren Vorbereitung durch sachkundige Dritte übertragen, wie im entschiedenen Fall:

– Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum mit einem Auftragswert von bis zu 4.000,00 € brutto im Einzelfall, bei mehreren Aufträgen pro Wirtschaftsjahr begrenzt auf ein Gesamtvolumen in Höhe von 8.000,00 € brutto;

– zur Vorbereitung von größeren Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen und Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung und Modernisierung oder baulichen Änderungen ab einem Auftragswert in Höhe von 10.000,00 € brutto im Einzelfall namens und für Rechnung der Eigentümer sachkundige Dritte (Architekten, Ingenieure, Gutachter u.a.) zu beauftragten, wenn die sachkundige Vorbereitung notwendig ist und die entstehenden Kosten im Einzelfall den Betrag von 3.000,00 € und pro Jahr nicht insgesamt 6.000,00 € überstiegen dürfen. Das gleiche gilt bei geringeren Auftragswerten mit besonderer technischer oder rechtlicher Schwierigkeit.

Maßgeblich ist für den BGH, dass die Kompetenzverlagerung für den einzelnen Wohnungseigentümer zu einem nur begrenzten und überschaubaren finanziellen Risiko führt. Im vorliegenden Fall war dies pro Jahr ein geringer dreistelliger Betrag pro Sondereigentumseinheit (konkret 114,29 €). In der Literatur zur WEG-Reform wird eine Kostenspanne von 2 – 5 % des Jahres-Wirtschaftsplanansatzes vertreten.

 

Thomas Brandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht