Gaspreisstreit entschieden

Datum: 19.01.2006

Kurztext: – Örtlicher Gasversorger hat in zweiter Instanz Erfolg –

Der Kunde eines Energieversorgungsunternehmens ist zwar berechtigt, Preiserhöhungen von den Zivilgerichten überprüfen zu lassen. Die Prüfung im vorliegenden Fall hat aber ergeben, dass das örtliche Gasversorgungsunternehmen in zulässiger und angemessener Weise lediglich gestiegene Bezugskosten an seine Kunden weitergegeben hat.  

So entschied heute die 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn (AZ: 6 S 16/05 Ab) und wies damit die Klage eines Gaskunden unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils im Berufungsverfahren ab. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits wurde von der Kammer die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Der Sachverhalt:

Der Kläger, ein Gaskunde des örtlichen Energieversorgungsunternehmens, begehrt die Feststellung, dass die von der Beklagten vorgenommene Erhöhung der Gastarife zum 01.10.2004 unbillig ist.

Die Beklagte hält das Begehren für unzulässig und für unbegründet.

Das Amtsgericht Heilbronn hatte der Klage mit Urteil vom 15.04.2005 (AZ: 15 C 4394/04) stattgeben und festgestellt, dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag zum 01.10.2004 vorgenommene Erhöhung der Gastarife unbillig und damit unwirksam ist.

Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten führte zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Die Entscheidung:

Nach Auffassung der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn ist der Kunde eines Energieversorgungsunternehmens nicht verpflichtet, jede Tariferhöhung zunächst widerspruchslos zu bezahlen und seine erhöhte Zahlung erst anschließend vom Versorgungsunternehmen im Klageweg zurückzuverlangen. Vielmehr steht ihm die – auch im vorliegenden Streit vom Kläger gewählte – Möglichkeit zu, auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Preiserhöhung zu klagen und den verlangten Mehrbetrag bis zur gerichtlichen Klärung vorläufig einzubehalten.

Die damit generell zulässige Überprüfung einer Gaspreiserhöhung durch das Zivilgericht nach § 315 BGB ist – entgegen der Ansicht des beklagten Versorgungsunternehmens – nicht durch vorrangige Regelungen im Energiewirtschafts- oder im Kartellrecht ausgeschlossen.

Auch eine – von den Energieversorgern geltend gemachte – Wettbewerbssituation zwischen Gas und leichtem Heizöl auf dem Markt der Wärmeenergieträger hindert die gerichtliche Preiskontrolle nicht.

Die von der Kammer im Rahmen einer Billigkeits-(Angemessenheits-)Kontrolle vorgenommene Überprüfung der streitigen Gaspreiserhöhung zum 01.10.2004 ergab jedoch, dass die örtliche Versorgungs-GmbH lediglich gestiegene Bezugskosten an ihre Kunden weitergegeben hat. Dies konnte die Beklagte durch Offenlegung ihrer maßgeblichen Berechnungsunterlagen, deren rechnerische Richtigkeit vom Kläger generell nicht in Zweifel gezogen wurde, nachweisen.

Für eine über die konkrete Gaspreiserhöhung hinaus gehende Kontrolle des gesamten Gaspreises unter Vorlage der vollständigen betriebswirtschaftlichen Kalkulation durch die Beklagte sah das Berufungsgericht dagegen keine Rechtsgrundlage.

Die vom Kläger vor allem angegriffene Koppelung des Gaspreises an den Preis für leichtes Heizöl (so genannte „Ölpreisbindung“) war von der Kammer im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach dem BGB nicht zu prüfen. Deshalb musste sich das Berufungsgericht mit den Verwaltungsverfahren des Bundeskartellamtes, über die bis in die letzten Tage hinein intensiv berichtet worden ist, nicht befassen. Auch zur Einschätzung des Klägers, bei der Kartellaufsicht handele es sich lediglich um ein „stumpfes Schwert“, hatte sich die Kammer nicht weiter zu äußern.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits zugelassen.

Der Bundesgerichtshof wird sich allerdings mit der Sache nur zu befassen haben, wenn der unterlegene Kläger dieses Rechtsmittel einlegt.
 

Hinweis:

Das Landgericht Heilbronn ist bemüht, die Berufungs-Entscheidung möglichst bis Anfang Februar 2006 auf seiner Homepage im Volltext verfügbar zu machen.

Dr. Münch
Richter am Landgericht, Pressesprecher