Anwaltspfusch
Was tun bei falschem Rechtsrat?
Immer öfter kommt es zu Streitigkeiten, zu deren Lösung der fachliche Rat eines Rechtsanwaltes notwendig ist. Dann den richtigen Anwalt zu finden, ist manchmal schwierig. War der Rat des Fachmanns jedoch falsch, kann das sehr teuer werden. Viel Geld kann man auch verlieren, wenn der Anwalt wichtige Fristen versäumt. Was können Geschädigte in solchen Fällen unternehmen?
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1989 scheint sich mit dem Mauerfall auch für Familie L. aus Leipzig alles zum Besseren zu wenden. Schon viele Jahre kämpfte die Familie um die Villa des Großvaters in der Nähe von Leipzig. Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Haus zwangsweise von den russischen Besatzungstruppen und anschließend von der Stadt genutzt worden. |
Der Vater von Ulrike L. kämpfte schon Jahrzehnte, um eine ordentliche Miete für das Haus zu erhalten. Sie wurde ihm verwehrt und er war staatlichen Zwangsmaßnahmen ausgesetzt. Mit dem Fall der DDR erhielt Familie L. die einst prächtige Villa zurück. Sie befand sich jedoch in einem heruntergekommenen Zustand. Allein die Umbauten ohne Genehmigung der Eigentümer hinterließen einen Schaden von rund 75.000,- Euro. |
Bis zur Rückgabe hatte die Stadt das Gebäude genutzt. Für die entstandenen Schäden will sie jedoch nicht aufkommen. Ulrike L. wendet sich an einen Rechtsanwalt. Er reicht Klage beim zuständigen Gericht ein. Alles scheint gut zu werden und die Chancen auf Schadenersatz nicht schlecht zu stehen. Als die Klage jedoch abgewiesen wird, ist die Überraschung von Ulrike L. groß. |
Fünf Jahre zeigt sich der Anwalt immer wieder kampfbereit und klagt durch die gerichtlichen Instanzen. Erst als er zum Bundesgerichtshof will, stoppt ihn Ulrike L. und wendet sich an einen anderen Anwalt. Nach einer kurzen Überprüfung der Akten stellt der neue Anwalt fest, dass sein Kollege einen schwerwiegenden Fehler gemacht hat. Er versäumte eine Frist. Bevor er die Stadt verklagt, hätte er die Schadenersatzansprüche ohne Einschaltung des Gerichts geltend machen müssen. Nach Versäumnis dieser Frist hatte Familie L. keinen Schadenersatz mehr von der Stadt zu erwarten. |
Die gesamten Prozesse waren damit vergeblich. Statt des erhofften Schadenersatzes, den sie ohne die Fristversäumnis zu erwarten hatten, bleiben mehr als 12.000,- Euro unnötige Anwalts- und Gerichtskosten. Dafür musste Familie L. sogar Schulden machen. |
Zu Jahresbeginn 2004 sind allein beim Bundesgerichtshof 160 Verfahren gegen Rechtsanwälte wegen Fehlern anhängig. Bis zu 70 Prozent der Verfahren gegen Anwälte kommen wegen Fristversäumnissen zustande. Ulrike L. wehrt sich ebenfalls, den Anwälte müssen für ihre Fehler haften. Ohne eine Berufshaftpflichtversicherung dürfen sie nicht tätig werden. Für den geschädigten Mandanten kann es jedoch schwierig werden, vor Gericht dem Anwalt einen Fehler zu beweisen. |
Ein Anwalt haftet nur, wenn ihm ein Beratungsfehler nachzuweisen ist. Der Mandant müsste ohne diesen Fehler den Prozess gewonnen haben und ihm muss dadurch ein Schaden entstanden sein. Bei Ulrike L. scheint die Beweislage klar. Sie muss jedoch wieder Jahre um ihr Recht kämpfen. Endlich verurteilt das Oberlandesgericht den fehlerhaft arbeitenden Rechtsanwalt zu 45.000,- Euro Schadenersatz. |
Nachdem die Prozesse vorbei sind, ist Familie L. finanziell beinahe ruiniert. Sie kann sich kaum über den Sieg freuen und freut sich nur, dass alles vorbei ist. Ein wirkliches Ende scheint jedoch noch immer nicht erreicht. Der zweite Anwalt versäumte eine genaue Abrechnung und schafft es nicht, den Schadenersatz richtig zu verteilen, dass ist zu kompliziert. Familie L. beauftragte inzwischen den dritten Rechtsanwalt und hofft, dass dies endlich der letzte sein wird. |
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