Anwalt in der Eigentümerversammlung

Das Bayrische Oberste Landesgericht hat mit Beschluß vom 16. Mai 2002 (2 Z BR 32/02) noch einmal bekräftigt, daß wegen der Nichtöffentlichkeit der Eigentümerversammlung grundsätzlich nur Wohnungseigentümer persönlich oder deren bevollmächtigte Vertreter zur Teilnahme befugt sind.

Im zu entscheidenden Falle hatte eine Wohnungseigentümerin zur Versammlung ihren Rechtsanwalt mitgebracht. Die Gemeinschaft hatte die Teilnahme des Rechtsanwalts untersagt, woraufhin die Eigentümerin mit ihrem Anwalt die Versammlung verließ. Die Eigentümerin hat sämtliche gefaßten Beschlüsse angefochten und die erneute Durchführung der Eigentümerversammlung unter Teilnahme ihres Rechtsanwalts begehrt. Die Anträge wurden in allen Instanzen zurückgewiesen.

Das BayObLG hat zwar darauf hingewiesen, daß es Einzelfälle geben kann, in denen Wohnungseigentümer ein sogenanntes berechtigtes Interesse daran haben, einen Berater hinzuzuziehen. Das berechtigte Interesse muß aber das Interesse der übrigen Eigentümer, die Versammlung nicht öffentlich durchzuführen, übersteigen. Für die Teilnahme eines Anwalts spricht z. B., daß ein Wohnungseigentümer wegen hohen Alters oder geistlicher Gebrechlichkeit oder auch wegen der Schwierigkeit der anstehenden Beratungsgegenstände einen Vertreter hinzuziehen muß. All diese Punkte waren im vorliegenden Fall nicht gegeben. Insbesondere lagen die Tagesordnung und die zu beschließenden Abrechnungen sowie der Wirtschaftsplan vorab schriftlich vor. Das Gericht vertrat die Auffassung, daß die Wohnungseigentümerin sich somit noch rechtzeitig vor der Versammlung fachkundigen Rat hätte einholen können, ohne daß es einer Teilnahme des Anwalts an der Versammlung bedurfte.

Praxistip:
Sieht die Teilungserklärung nicht ausdrücklich Ausnahmen vor, sind Dritte grundsätzlich nicht zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung berechtigt. Im Einzelfall kann es aber berechtigte Interessen geben, die eine Teilnahme außenstehender Dritter erforderlich macht. Ob solche Gründe vorliegen, ist vor einer Entscheidung über den Ausschluß der anwesenden Nichteigentümer sorgfältig zu prüfen. Selbstverständlich bleibt es jedem Miteigentümer vorbehalten, sich bei Verhinderung durch einen Dritten in der Versammlung vertreten zu lassen; hierzu enthalten die meisten Teilungserklärungen jedoch einschränkende Bestimmungen.
Autor: Susanne Tank Fundstelle: NJW-RR 2002, 1307

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