Rückschlag für Verwalter bei der Online-Einsicht in das Grundbuch

 

OLG Hamm:

 

„Der Verwalter von Wohnungseigentum hat kein berechtigtes Interesse an der Teilnahme am sog. automatisierten Grundbucheinsichtsverfahren.“

 

                                                                    OLG Hamm, Beschl. v. 15.1.2008 – 15 VA 12/07

 

Der Fall:

 

Eine gewerbliche WEG-Verwaltung stellte an die Landesjustizverwaltung den Antrag, an dem in § 133 Grundbuchordnung (GBO) geregelten automatischen Grundbuchabrufverfahren teilnehmen zu dürfen. Die Verwaltung begründete dies damit, sich aktuell über den jeweiligen Grundbuchstand der von ihr verwalteten Wohnungseigentumsobjekte unterrichtet halten zu müssen, insbesondere um vor der Einladung zur Eigentümerversammlung den tatsächlichen grundbuchlichen Eigentümer feststellen zu können. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Verwalterin scheiterte auch vor dem OLG Hamm.

 

Das Problem:

 

Die Rechtsprechung erlegt dem Verwalter die Pflicht auf, sich darüber zu informieren, wer tatsächlich Eigentümer in dem verwalteten Wohnungseigentumsobjekt ist.

Diese Frage ist für wesentliche und haftungsrelevante Tätigkeiten des Verwalters wie z.B. bei der Einladung zur Eigentümerversammlung, der Wahrung der Nicht-Öffentlichkeit der Versammlung, der Feststellung der Beschlussfähigkeit u.v.a.m. von besonderer Bedeutung. Da die persönliche bzw. schriftliche Einsichtnahme in das Grundbuch gem. § 12 GBO mit einem erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand für den Verwalter verbunden ist, wollen viele Verwalter die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit der Grundbucheinsichtnahme im Wege des elektronischen Datenabrufs nutzen, der genehmigungspflichtig ist. Fraglich war dabei, ob der Verwalter nach WEG unter den privilegierten Personenkreis fällt, dem diese Zugriffsmöglichkeit eröffnet werden darf.

 

Die Entscheidung des OLG Hamm:

 

Das OLG Hamm verneint die Teilnahmebefugnis des WEG-Verwalters am elektronischen Grundbuchabrufverfahren mit der Begründung, dass insbesondere bei der Vorbereitung der Einladung zur Eigentümerversammlung keine Eilbedürftigkeit der Einsichtnahme vorliege, da dem Verwalter genug Zeit zur Verfügung stehe, die erforderlichen Informationen durch „normale“ Grundbucheinsicht gem. § 12 GBO vorzunehmen.

 

Zudem werde beim elektronischen Abruf nicht nur die relevante Abt. I des Grundbuchs angezeigt, sondern auch die übrigen Abteilungen des Grundbuchs.

 

Ferner ergebe sich ein berechtigtes Interesse auch nicht aus der Organ-Stellung des Verwalters. Der Abruf im elektronischen Verfahren setze daher grundsätzlich das Vorliegen einer Zustimmungserklärung des jeweiligen Sondereigentümers voraus.

 

 

Mein Kommentar:

 

Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt, wie weit gerichtliche Entscheidungen von der Wirklichkeit entfernt sein können, auch wenn sie juristisch tragfähig sind.

 

Der Verwalter ist daher darauf verwiesen, wie zu Großvaters Zeiten sich entweder persönlich in das Grundbuchamt zu begeben oder eine schriftliche Anfrage an das Grundbuchamt um Gewährung der Einsichtnahme (GB-Auszug) zu richten.

Gleichzeitig verlangen die Gerichte vom Verwalter, sich quasi stets auf dem aktuellen Stand des Grundbuchs zu halten; sei es, dass es um die Eigentümerversammlung oder Maßnahmen der Zwangsvollstreckung geht.

Den damit entstehenden Zeit- und Arbeitsaufwand sollte der Verwalter sich durch eine angemessene Vereinbarung eines Sonderhonorars vergüten lassen.

 

Die ausdrückliche Zustimmungserklärung von jedem einzelnen Wohnungseigentümer einzuholen, scheint praktisch nicht durchführbar.

Auch ist zu bedenken, dass eine generelle Zustimmungserklärung, etwa im Verwaltervertrag ebenso wenig möglich ist, wie ein entsprechender Beschluss in der Eigentümerversammlung. Im ersten Fall wäre dies ein Vertrag zu Lasten Dritter, da nicht der einzelne Eigentümer, sondern der rechtsfähige Verband Vertragspartner des Verwalters ist. Im zweiten Fall wäre ein unzulässiger Eingriff in die Rechte des jeweiligen Sondereigentümers gegeben.

Quelle: Rüdiger Fritsch
Fachanwalt für Miet- und 
Wohnungseigentumsrecht
www.krall-kalkum.de